EU-Visionen aus der Wilhelmstraße
Zwei Mitglieder der Band Grup Yorum leiteten im Foyer und auf der Bühne die XIX. Internationale Rosa-Luxemburg Konferenz ein, die heute pünktlich um 11 Uhr in der Berliner Urania begann. Als erster Referent sprach vor dem bereits gut gefüllten Großen Saal der Soziologe und Journalist Jörg Kronauer.
Der Redner schlug einen Bogen von der deutschen Vorkriegspolitik vor dem ersten Weltkrieg zur ökonomischen Vorherrschaft Deutschlands im heutigen Europa. Im Kern habe die deutsche Reichsregierung in ihren Strategien bereits 1914 etwas verfolgt, das wie eine Vorahnung auf die Europäische Union wirke, so Kronauer. Er rief in diesem Zusammenhang die Kriegszieldenkschriften des deutschen Reichskanzlers Theobald von Bethmann Hollweg in Erinnerung. Diesem schwebte ein mitteleuropäischer Wirtschaftsverbund bei äußerlicher Gleichberechtigung, tatsächlich aber unter deutscher Führung, vor.
Mit Blick auf die aktuellen Spardiktate für südeuropäische Länder habe sich so etwas de facto mittlerweile verwirklicht. Mit gravierenden wirtschaftlichen und sozialen Folgen, wie auch an der gewachsenen Zahl der Selbstmorde verzweifelter Menschen in diesen Staaten ablesbar.
Gleichzeitig machte Kronauer auf Interessengegensätze zwischen den europäischen Mächten aufmerksam. So habe es nichts mit auf Frieden gerichteter Politik zu tun, wenn die Bundesregierung etwa NATO-Kriegseinsätze in afrikanischen Ländern ablehne, für die sich Frankreich besonders engagiere. Kronauer sieht darin eher altbekannte Rivalitäten, zumal Deutschland ja sehr wohl an anderen Kriegseinsätzen beteiligt sei.
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Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.
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