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20.09.2021, 13:10:21 / Rosa-Luxemburg-Konferenz 2017

Keine Kompromisse

Seit den rot-rot-grünen Koalitionsverhandlungen in Berlin hat die Debatte über ein solches Bündnis im Bund wieder an Fahrt aufgenommen. Der Preis, den die Linkspartei dafür zahlen müsste, wäre die Aufgabe ihrer Friedenspolitik
Von Ellen Brombacher
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Schließen wir ’nen kleinen Kompromiss? Wären einige hochrangige Vertreter der Partei Die Linke bereit, sich für Zugeständnisse in der Sozialpolitik von ­einer konsequenten Verweigerung von Auslandseinsätzen der Bundeswehr zu verabschieden? (Linke-Fraktionschef Dietmar Bartsch am 23.9.2016 in Berlin)

Die Redaktion dokumentiert im folgenden einen die Friedenspolitik betreffenden Auszug der Rede, die Ellen Brombacher am vergangenen Samstag auf der 3. Tagung der 18. Bundeskonferenz der Kommunistischen Plattform der Linkspartei gehalten hat. Ellen Brombacher ist eine der Sprecherinnen des Bundessprecherrats des 1989 gegründeten parteiinternen Zusammenschlusses. (jW)

Nichts ist heutzutage so wichtig wie der Kampf um den Frieden. In Anbetracht dieser titanischen Aufgabe klingt es anmaßend, ja paradox, zu formulieren, dass die Kommunistische Plattform (KPF) diese in das Zentrum ihres Wirkens stellt. Knapp 1.200 Kommunistinnen und Kommunisten in der Partei Die Linke stellen den Friedenskampf in den Mittelpunkt ihrer politischen Arbeit. Ist das nicht lächerlich? Ist das in Anbetracht der Lage in der Welt nicht eine Widersinnigkeit? Wir sehen den Zusammenhang so: Die den Frieden am meisten gefährdende Kraft ist die NATO unter Führung der USA. Die zweitmächtigste Kraft in diesem Bündnis ist die BRD. Es gibt verschiedene Gründe dafür, dass die große Mehrheit der Menschen in diesem Land nichts davon hält, Krieg zu führen. Von den in den Parlamenten vertretenen Parteien gibt es nur eine, die dieser Mehrheitsstimmung öffentlich Ausdruck verleiht: Die Linke. Doch die soll genau von dieser Position abgebracht werden. Da sind zunächst, wie stets, die Medien.

Mediales Trommeln

Schon im Vorfeld der Berliner Wahlen, als die Spekulationen über Rot-Rot-Grün im Bund ins Kraut schossen – nicht zuletzt befeuert durch Gregor Gysi –, interviewte die Moderatorin des ARD-»Mittagsmagazins«, Hannelore Fischer, am 5. September den stellvertretenden Chefredakteur im ARD-Hauptstadtstudio, Thomas Baumann. Ihre Frage: »Könnten die Wahlen Rot-Rot-Grün neuen Auftrieb geben, mit Blick auf Herbst nächsten Jahres?« Baumanns Antwort: »Das könnten sie schon. Politische Beobachter sagen hier, es gibt fast so etwas wie eine historische Chance für Rot-Rot-Grün. Nur – wenn man das abklopft, und das tun wir, dann landen wir immer beim gleichen Ergebnis: dass die außenpolitischen Hürden zwischen SPD und Grünen einerseits und der Linken auf der anderen Seite so hoch sind, dass wir nicht so richtig an eine rot-rot-grüne Koalition glauben wollen. Aber sicherlich sind Grüne und SPD aus taktischen Gründen gut beraten, sich diese Option offenzuhalten. Und das tun sie auch.« Soweit Herr Baumann.

Seit dem insgesamt guten Abschneiden unserer Partei bei den Berliner Abgeordnetenhauswahlen reden die Medien Rot-Rot-Grün im Bund nachgerade herbei, als stünden die Bundestagswahlen unmittelbar vor der Tür. Schon seltsam. Sind doch die meisten Medien keine lichtvollen Agenturen des gesellschaftlichen Fortschritts. Versprechen sie sich vielleicht von einer Regierungsbeteiligung der Linken im Bund das baldige politische Ende unserer Partei, schluckten wir die Kröten, die SPD und Grüne uns vorsetzen?

So äußerte SPD-Faktionschef Thomas Oppermann am 25. September: »Deutschlands Einbindung in das Wertesystem des Westens – in NATO und EU – ist in keiner Weise verhandelbar.« Diese Äußerung schließt absolut ein, dass Auslandseinsätze der Bundeswehr ebenfalls nicht verhandelbar sind, gehören sie doch zu den Bündnisverpflichtungen. Ob SPD-Funktionäre oder Protagonisten der Grünen: Einer tibetanischen Gebetsmühle gleich wiederholen sie, Die Linke müsse ihr außenpolitisches Agieren ändern, um politikfähig zu werden. Die einen sagen es dezent, die anderen dreist. Zu den Dezenteren gehört die Juso-Chefin Johanna Uekermann, die in einem Neues Deutschland-Interview vom 15./16. Oktober formulierte: »Was die Außenpolitik angeht, so hoffe ich, dass sich in der Linkspartei diejenigen durchsetzen werden, die eine zurückhaltende, aber auch verantwortungsvolle Rolle präferieren.« Mit anderen Worten: Krieg immer nur dann, wenn er sich nicht vermeiden lässt. Nehmen wir noch ein Beispiel von den Dreisten, die Äußerungen von Oppermann im Tagesspiegel vom 10. Juli. Die Linke müsse, so der SPD-Fraktionschef, Änderungen in ihrer Außen- und Sicherheitspolitik vornehmen und »ohne Vorbehalte akzeptieren, dass jede Bundesregierung der internationalen Verantwortung Deutschlands etwa im Rahmen der NATO gerecht werden muss«. »Wenn die Linkspartei regieren will«, führte Oppermann aus, »dann darf sie solche radikalen Vertreter«, gemeint sind Abgeordnete, die seiner Auffassung nach für die friedenspolitischen Grundsätze der Partei stehen, »nicht für den Bundestag nominieren. Eine Koalition mit der SPD kann es nur geben mit verlässlichen Abgeordneten«.

Wir weisen solch dreiste Unverschämtheiten zurück, nicht zuletzt mit unserer Erklärung »Rot-rot-grünes Bündnis im Bund für uns nicht vorstellbar« vom 19. Septmeber. Diese Anmaßungen, Inhalte unserer Politik und Protagonisten dieser Inhalte betreffend, lassen sich auch nicht dadurch aus der Welt schaffen, dass unsererseits vor allem von der SPD gefordert wird, zum ursprünglich sozialen Charakter der Partei zurückzukehren. Es kann keinen Handel geben, der da besagte: Bieten soziale Zugeständnisse gegen Kompromisse in der Friedensfrage. In einer Erklärung unseres Bundestagsmitglieds Michael Schlecht vom 28. Oktober »Rot-Rot-Grün? Jetzt!« z. B. deutet sich so etwas an. Ohne die Friedensproblematik überhaupt erwähnt zu haben, beendet Genosse Schlecht seine Erklärung so: »Mit einem Bündnis Rot-Rot-Grün könnte Die Linke zum ersten Mal auf Bundesebene zeigen, dass sie Teile ihrer Forderungen durchsetzt und dass damit die Lebenssituation konkret verändert wird. (…) In der Linken wird für diesen Weg noch viel Überzeugungsarbeit anstehen. Denn für viele besteht linke Politik im Aufstellen von Forderungen, und zwar möglichst weitreichenden. Prinzipienfestigkeit ist ein hohes Gut, aber ohne zu sehen, dass linke Politik gerade an konkreten Ergebnissen für die Menschen zu messen ist, wird sie schnell zu Dogmatismus und Selbstisolation.«

Rote Haltelinien

Da traut man sich ja kaum, etwas zu entgegnen. Denn – wer das nicht versteht, steht beinahe schon in der Ecke der Dogmatiker. Doch ist es tatsächlich dogmatisch, zu sagen: Rot-Rot-Grün auf Kosten der friedenspolitischen Grundsätze der Linken wird es nicht geben? Mögen uns die Regierungsbefürworter des Dogmatismus bezichtigen. Wir werden immer wieder deutlich machen, dass für uns eine Regierungsteilnahme im Bund nur vorstellbar ist, wenn die in unserem Parteiprogramm fixierten roten Haltelinien in Gänze Berücksichtigung finden. Würde Die Linke in der Friedensfrage ihre Grundsätze aufgeben, so verlöre die Bevölkerungsmehrheit im Lande ihre parlamentarische Stimme – letztlich auch in sozialer Hinsicht. Wer auf die eigene Identität verzichtet, wenn es um das charakteristische Merkmal überhaupt geht, der wird auf Dauer weder die Kraft besitzen, andere wesentliche Grundsätze zu bewahren, noch den Willen dazu. Und noch einmal, damit es keine Missverständnisse gibt: Es geht nicht um abstrakte Prinzipien oder – mit anderen Worten – um eine allgemeine Befürwortung oder Ablehnung einer Regierungsbeteiligung im Bund. Es geht zuvörderst um die Haltung unserer Partei zur Überlebensfrage für die Menschheit. Das klingt furchtbar pathetisch, entspricht aber nur der grausamen Realität unseres Alltags.

Wenn die KPF also den Kampf um den Frieden in den Mittelpunkt ihres Wirkens stellt, dann heißt das konkret, dass sie alles in ihren Kräften Stehende tut, damit unsere Partei bei ihrem friedenspolitischen Kurs bleibt. Wir sind in diesen Auseinandersetzungen nicht allein, vor allem deshalb nicht, weil wir uns gerade in dieser Frage in Übereinstimmung mit großen Teilen der Parteibasis wissen. Wie breit das Bündnis von Zusammenschlüssen im Kampf um die Erhaltung der friedenspolitischen Prinzipien im Vorfeld der Bundestagswahlen sein wird, wird sich zeigen. Wir versprechen jedenfalls, dass es unsererseits auch in dieser Frage keinerlei Opportunismus geben wird. Daher hören wir nicht ohne Besorgnis Rot-Rot-Grün befürwortende Stimmen aus ungewohnten Richtungen. Unseren Bundestagsabgeordneten Michael Schlecht haben wir bereits zitiert. Ein weiteres Beispiel sei aufgeführt. Viele von uns schätzen die Nachdenkseiten des linken Sozialdemokraten Albrecht Müller und arbeiten mit dort veröffentlichten Materialien. Es ist schon beunruhigend, wenn wir ausgerechnet auf diesen am 30. September lesen mussten: »Es gibt einige in der Führung der Linkspartei, die zu einem Schmusekurs gegenüber Rot (SPD) und Grünen neigen. Und es gibt eben die anderen, die zwar ebenfalls den Wechsel von Schwarz-Rot zu Rot-Rot-Grün für anstrebenswert halten, aber eine zu frühe Ausrichtung und zu weite Konzessionen im Vorfeld der Wahl für nicht sinnvoll halten.« Wer sind die angeblich anderen, für die ihre Wahlausrichtung nur eine Frage des taktischen Geschicks sein soll und die angeblich weite Konzessionen nicht generell ablehnten, sondern nur im Vorfeld der Wahlen für nicht sinnvoll halten würden? Wir wüssten es gern im Vorfeld der Wahlen.

Wir sehen auch nicht ohne Besorgnis die stattgefundenen und geplanten Treffen von knapp hundert Abgeordneten von SPD, Grünen und unserer Partei. Ohne Umschweife gesagt: Um Gemeinsamkeiten festzustellen braucht man keine Zusammenkünfte in dieser Größe und um die Differenzen festzustellen ebensowenig. Solche Showveranstaltungen benötigt man, um öffentlich zu demonstrieren: Seht her, wir wollen miteinander gehen. Wir hatten so eine schöne und lockere Atmosphäre. Und die Medien berichteten so objektiv. »Kompromisse im Vorfeld einer Wahl wird es mit uns nicht geben«, so Dietmar Bartsch mit beinahe den gleichen Worten wie Albrecht Müller vor dem Parteientreffen. Es ist für uns absolut uninteressant, welche Kompromisse im Vorfeld nicht gemacht werden. Uns bewegt einzig, zu welchen Kompromissen Protagonisten wie Dietmar Bartsch, Jan Korte und andere bereit wären, wenn es ernst werden sollte. Uns interessiert nicht, ob Die Linke sich schon im Vorfeld anpasst oder erst nach den Wahlen. Uns interessiert einzig und allein, dass wir Friedenspartei bleiben.

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»Deutschlands Verantwortung«. Die SPD verlangt von der Linken ein Bekenntnis zur NATO mit allem, was dazu gehört, also auch Krieg (SPD-Chef Sigmar Gabriel bei einem Besuch der Infanterieschule Hammelburg in Unterfranken am 4.11.2010)

Für uns ist es inakzeptabel, mit Kriegsparteien regieren zu wollen. Damit verteidigen wir zugleich unser Parteiprogramm. Und es ist fraglos: Die übergroße Mehrheit der Mitglieder unserer Partei wünscht in der Friedensfrage keinerlei Kompromisse. Und mehr als das. Wir können wohl davon ausgehen, dass auch sehr viele unserer Wählerinnen und Wähler nichts dergleichen wollen, im Gegenteil; viele wählen uns in erster Linie wegen der friedenspolitischen Grundsätze. Sie erwarten gerade in diesem Punkt von der Linken Verlässlichkeit. Die Vorstände und Fraktionen der Linken sollten die Debatte zu dieser Frage nicht den Medien überlassen, sondern sie in den Basisorganisationen, Kreis- und Bezirksverbänden und in den Bundesländern organisieren.

Nein zu Auslandseinsätzen

Auch, wenn es manche nicht mehr hören wollen: Wir werden die inhaltlichen Kerndifferenzen in der Linken zur Friedensfrage immer wieder benennen. Es ist dies die Haltung zur Einzelfallprüfung und zur Äquidistanz. Die Frage der Einzelfallprüfung betrifft letztlich ein konsequentes Nein zu Auslandseinsätzen der Bundeswehr, welches die Prüfung des Einzelfalles obsolet macht. Und die Frage nach der Äquidistanz betrifft die Bewertung der NATO. Diese Vorfeldorganisation des US-amerikanischen Imperialismus als hauptverantwortlich für die zunehmenden, die Zivilisation bedrohenden Gefahren zu entlarven und anzuprangern schließt – ohne andere Akteure von jeglicher Verantwortung freizusprechen – doch die Äquidistanz aus, die den gleichen Abstand zu allen Akteuren verlangt. Wir haben uns zu diesen zwei Kernfragen vielfach geäußert und wollen heute darauf verzichten, umfangreicher hierzu zu argumentieren. (…)

In den innerparteilichen Debatten um unsere friedenspolitischen Grundsätze haben wir es primär mit folgenden Argumentationssträngen zu tun:

Wir sollten uns in dieser Hinsicht doch keine unnötigen Sorgen machen. Wer wolle denn die friedenspolitischen Grundsätze der Linken entsorgen? Die Basis doch auf keinen Fall. Auch die Vorstandspositionen seien hier eindeutig. In der Fraktion – nun ja – da gebe es einige, die die Dinge ändern wollten, doch das sei eine altbekannte Minderheit, die bisher erfolglos agiert habe. Diese Argumentation ist uns lange bekannt. Sie ist auch weitgehend plausibel. Nur lässt sie in ihrer schönen Naivität eines außer acht: die Möglichkeit eines innerparteilichen Putsches. Wir erinnern uns jedenfalls noch gut an den Putschparteitag im Berliner Tempodrom im Jahr 2003. Und auch Koalitionsverhandlungen können putschartige Momente enthalten, die die innerparteiliche Demokratie außer Kraft setzen. Schließlich habe man nicht über 50 Prozent der Wählerstimmen und müsse daher Kompromisse eingehen, heißt es in solchen Fällen.

Manche in der Partei wollen uns einreden, unsere friedenspolitischen Grundsätze seien auch dann in keiner Weise gefährdet, wenn wir Teil einer Bundesregierung würden. Das ist etwa so, als würde jemand Mitglied einer Diebesbande, in der man sich definitiv verpflichten muss, seinen Teil an Diebesgut einzubringen und der Betreffende würde dies damit erklären, er verfolge die edle Absicht, den Dieben das Stehlen abzugewöhnen. Natürlich ist eine Bundesregierung keine Diebesbande. Sie führt nur Krieg, und das ausgehend von Bündnisverpflichtungen in der NATO und EU. Und niemand – das kann nicht oft genug wiederholt werden – wird Mitglied der Bundesregierung ohne die Anerkennung dieser Bündnisverpflichtungen. Das ist eine Frage der Staatsräson. Wir lehnen in diesem Kontext auch die Bestrebungen ab, eine gemeinsame »Sicherheits- und Verteidigungspolitik« der EU voranzutreiben. Es darf auch keine diesbezüglichen Annäherungen unserer Partei an SPD und Grüne geben, die sich entschieden haben, Kriegsparteien zu sein. Es sei denn, SPD und Grüne machten sich unsere programmatischen Grundsätze in der Friedensfrage zu eigen. Damit ist aber nicht unbedingt zu rechnen.

In jüngster Zeit gibt es ein weiteres Argumentationsmuster. Das ist neu und zielt nicht mehr auf Verschleierung ab, sondern auf ein Tauschgeschäft. Wenn die SPD in sozialpolitischer Hinsicht einem Richtungswechsel zustimme, so müssten Zugeständnisse unsererseits in der Friedensfrage denkbar werden. Es gebe, so ist auch häufiger in Diskussionen zu vernehmen, keine Alternative zu Rot-Rot-Grün. »There is no alternative« – das hat als politische Kategorie eigentlich Frau Thatcher erfunden. Wo es keine Wahl zwischen Möglichkeiten mehr gibt, da erübrigt sich jede Debatte. Und das schon, bevor sie begonnen hat. Opposition wird so völlig entwertet und das in einer Situation, in der nichts so wichtig ist wie Widerstand. Widerstand gegen Krieg, gegen Rechtsentwicklung, soziale Verwerfungen, Bespitzelungen und all die anderen Merkmale des modernen Kapitalismus. Vielleicht kann ja die SPD mal umsatteln. Um aus ihrem Allzeittief herauszukommen, um sich sozial zu regenerieren, könnte sie nach ihren verheerenden Regierungsbeteiligungen von 1998 bis 2005 und – nach Unterbrechung – seit 2013 mal wieder in die Opposition gehen – mit uns gemeinsam. Das würde für die dann vermutlich Regierenden kein Vergnügen und erschlösse womöglich mehr Veränderungsmöglichkeiten als eine entsprechende Koalition. Einer Tatsache jedenfalls müssen wir uns bewusst sein: In den bevorstehenden Auseinandersetzungen wird kein Pseudoargument so wirksam sein wie das von der fehlenden Alternative. Darauf müssen wir uns einstellen, mit kluger Gegenbeweisführung.

Scheinheilige Argumente

Und ein letztes »Argument« soll hier aufgeführt werden, das die Friedensproblematik indirekt berührt. Vor allem Gregor Gysi führt es immer häufiger ins Feld. Wir müssten für Rot-Rot-Grün sein, um den Rechtstrend zurückzudrängen. Daher müsse die CDU, so Gregor Gysi am 16. September auf der Abschlusskundgebung zur Wahl des Berliner Abgeordnetenhauses auf dem Alexan­derplatz, zurück in die Opposition geschickt werden, damit sie wieder konservativ sein könne, um so den rechten Rand einzusäumen. Bei allem Respekt! Aber es kann doch wohl nicht unsere ernstgemeinte Absicht sein, mit dem Seehoferschen Rassismus und den Asylpaketen Merkelscher Prägung den der AfD-Granden zurückdrängen zu wollen. Die Deutsch-Nationalen waren auch keine wirksame antifaschistische Kraft. Und ansonsten würde die rot-rot-grüne Variante im Bund nur dann eine wirksame Kraft gegen die Rechten aller Couleur sein, wenn sie einen grundlegenden Politikwechsel sowohl friedenspolitisch als auch sozialpolitisch vollziehen würde, der der AfD das Wasser abgräbt. Solange das Kräfteverhältnis im Land das nicht zulässt, ist eine überzeugende Oppositionsarbeit bedeutend wirksamer als eine Regierungsteilnahme, die uns endgültig den Stempel aufdrückte, Teil des Establishments zu sein. Dann könnte die AfD komfortabel in der verlogenen Rolle verbleiben, die einzige Oppositionskraft zu sein, die etwas für die Leute täte. Wohin das führt, erleben wir bereits: zum Einzug in zehn Landesparlamente und in viele Kommunalparlamente und -verwaltungen.

Soweit zu einigen aktuellen Fragen der innerparteilichen Debatte in puncto Friedenskampf. Bleibt die Frage: Sind all die Äußerungen zu Rot-Rot-Grün im Bund, die wir gegenwärtig unentwegt zu hören bekommen, taktische Manöver, die keiner der so Agierenden selber ernst nimmt? Oder werden hier ernstgemeinte Absichten formuliert? Wir können das gegenwärtig nicht wissen, und es ist auch nicht so wichtig. In dem Moment, wo Protagonisten unserer Partei sich auch nur auf entsprechende taktische Spielchen einlassen, müssen sie zum einen die Bereitschaft bekunden, elementare Grundsätze aufzugeben, und zum anderen von einem Oppositionswahlkampf zu einem Regierungswahlkampf übergehen. Das kann irreversible Schäden hinterlassen. Egal, wer sich wann auf diese schon laufenden Spielchen einlässt: Wir werden uns daran nicht beteiligen. Wir werden aufklären und sensibilisieren und wir werden niemandem glauben, der uns einreden will, man könne in einer Bundesregierung Friedenspartei bleiben. (…)

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Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.

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