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Kein Like ist illegal
Schon ein »Gefällt mir« bei Instagram kann zur Abschiebung wegen »Terrorverherrlichung« führen – so sieht es ein neues Gesetz vor
Der Feldzug des deutschen Staates gegen missliebige Meinungen geht in die nächste Etappe. Ein am Mittwoch von der Regierung beschlossenes Gesetz führt nun ganz konkret die Abschiebedebatte mit der Palästina-Solidarität zusammen. Geplant ist, künftig Menschen ohne deutschen Pass, die etwa den palästinensischen Widerstand mit Beiträgen in den sozialen Medien unterstützen, des Landes zu verweisen – unter Umständen auch ohne Gerichtsurteil. »Wer keinen deutschen Pass hat und hier terroristische Taten verherrlicht, der muss – wo immer möglich – ausgewiesen und abgeschoben werden«, begründete Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) am Mittwoch die Gesetzesverschärfung. Dabei soll schon ein einziger Kommentar oder ein »Gefällt mir« unter einem als »Terrorverherrlichung« identifizierten Beitrag bei Youtube, Instagram oder Tik Tok ausreichen, um ein »schwerwiegendes Ausweisungsinteresse« zu begründen.
Bekanntlich ist die Frage, was als »Terrorismus« bezeichnet wird, vor allem eine politische. Des einen Terrorist ist des anderen Freiheitskämpfer. Die Bundesregierung beantwortet diese Frage ganz im Sinne ihrer »Staatsräson«.
Wer also glaubt, das Gesetz könnte zum Beispiel auch jene treffen, die etwa die israelischen Kriegsverbrechen im Gazastreifen bejubeln, täuscht sich. Der Beschluss richtet sich ausdrücklich »gegen islamistische und antisemitische Hasskriminalität im Netz«, wie Faeser betonte. Durch die Verwässerung des Antisemitismusbegriffs, der zunehmend auch Kritik an der israelischen Kriegs- und Besatzungspolitik umfasst, wird das Gesetz so zu einem »Gummiparagraphen«, der sich gegen jeden ohne deutschen Pass richten kann, der den palästinensischen Freiheitskampf unterstützt. Aber auch in Deutschland lebende Kurden, die Aktionen der PKK-Guerilla in der Türkei begrüßen, könnten ins Fadenkreuz geraten.
Der Vorsitzende der »Gewerkschaft der Polizei« (GdP), Jochen Kopelke, sieht in dem Ausweisungsrecht »die nötige Härte« des Staates und ein »klares Signal« an »Terrorsympathisanten«. Nun müsse die Zusammenarbeit von Ausländerbehörden und Polizei »systematisch« gestärkt und die beteiligten Behörden so ausgestattet werden, dass »ein spürbarer Verfolgungsdruck aufgebaut und gehalten werden kann«. Der GdP-Chef erhob die altbekannte Forderung nach einer Mindestspeicherfrist von IP-Adressen. Diese seien oft »die einzigen Anhaltspunkte, um Tätern habhaft zu werden«.
Wenn es um die Türkei oder Russland geht, empörten sich Politiker »zu Recht darüber, dass Menschen dort wegen eines ›Likes‹ in den sozialen Medien verfolgt werden oder gar im Gefängnis landen können«, so Clara Bünger, flucht- und rechtspolitische Sprecherin der Gruppe Die Linke im Bundestag. »Allerdings bewegt sich die Bundesrepublik längst selbst in diese Richtung.« Präventivhaft für Klimaaktivisten, Demonstrationsverbote, Hetze gegen palästinasolidarische Studenten und Dozenten oder die Verschärfungen des Asylrechts – »all das sind Anzeichen eines autoritären Staatsumbaus«, fasst Bünger die gesellschaftliche Entwicklung zusammen. »Dass Innenministerin Faeser nun offenbar plant, Menschen wegen eines Postings in den sozialen Medien auszuweisen, ist nur der vorläufige Höhepunkt dieser besorgniserregenden Entwicklung.«
Der Union gehen die Maßnahmen erwartungsgemäß nicht weit genug. Die Vizevorsitzende der Unionsfraktion, Andrea Lindholz (CSU), befand, »jede antisemitische und antidemokratische Straftat« müsse »regelmäßig zu einer Ausweisung führen«.