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Au Backe!
jW-Autor droht Abschiebung
Habe ich jetzt den Bogen überspannt? »Ausländer, die Hass und Gewalt in den sozialen Medien feiern, sollen bereits nach dem ersten Post das Land verlassen müssen«, heißt es in den Nachrichtenportalen. Nun, ich bin gerade beim Kofferpacken, weil ich als »Ausländer«, also als Bürger aus Deutschland-Nahost, (Prekärbürger, weil ohne DDR) mich wiederholt zustimmend über den palästinensischen Widerstand geäußert habe. Öffentlich! Jetzt droht mir die Abschiebung zurück nach Thüringen. Sie wissen schon: Ruinen, verwaiste Straßen, umgekippte Bäume (vor Langeweile) und gebückt gehende Mittvierziger auf dem Weg zur Tafel.
Übrigens, ich gebe es zu, ich habe im Oktober 2023 den einstimmig (!) vom Bundestag angenommenen Entschließungsantrag der Koalition zu Israel völlig verkannt. Da wurde beschlossen, Israel die »volle Solidarität und jedwede Unterstützung zu gewähren«. Und deswegen verzehnfachte die BRD ihre Rüstungsexporte an die israelische Armee. Im Ergebnis konnten wir die erste Liveübertragung eines Genozids im Fernsehen verfolgen. Ich Dummkopf dachte, das wäre kriminell, und die Solidarität gehöre den über 37.000 Massakrierten in Gaza. Deswegen meine Solibekundungen.
Aber vielleicht hat man Erbarmen, ich habe Widerspruch eingelegt, denn was soll ich in Thüringen? Seit Jahren sammelt man dort Negativrekorde im Inlandstourismus. Es gibt Überlegungen, ganze Land- und vor allem Waldstriche in Hotels umzusiedeln, damit man sich die Überlandbusse und die Postverteilung sparen kann. Und das ist überall so in Deutschland-Nahost, wenn man sich Berlin und Leipzig wegdenkt. »Berlin wegdenken«! Klingt gut. Man sagt ja auch: Aus den Augen, aus dem Sinn. Und wenn wir da eine – sagen wir – Mauer installieren, dann ist das ja quasi aus den Augen, oder?