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»Das muss ein Ende haben«

Neues Gesicht der Protestbewegung gegen die AfD? Ein Gespräch mit Alassa Mfouapon und Katharina Schwabedissen

Zehntausende haben auf unterschiedliche Weise am Wochenende gegen den Bundesparteitag der AfD in Essen protestiert. Wie bewerten Sie die Proteste insgesamt?

Alassa Mfouapon:

Wir sind sehr zufrieden mit den Protesten, wir haben insgesamt an diesem Wochenende mit den verschiedenen Bündnissen mehr als 70.000 Menschen in Essen auf die Straße gebracht. Viele Menschen waren gestern das erste Mal auf einer Demo oder haben zum ersten Mal das demokratische Mittel des zivilen Ungehorsams, des Widersetzens genutzt: Pflegerinnen, Klimaaktivistinnen, Alteingesessene aus dem Pott und Geflüchtete, Omas und Industriearbeitende haben sich friedlich und entschlossen gegen die Partei der extremen Rechten gestellt. Diese neue Breite und Entschlossenheit zeigen ein neues Gesicht einer Bewegung, die geeinter denn je gegen die Faschisten der AfD zusammensteht.

Das Ziel, den Bundesparteitag mit Mitteln des zivilen Ungehorsams zu verhindern, ist allerdings nicht erreicht worden.

Katharina Schwabedissen:

Das Bündnis »Widersetzen« hat viel erreicht: Wir haben an zehn verschiedenen Orten in der Stadt die Straßen so sehr mit unserem solidarischen Protest geflutet, dass für die AfD kein Durchkommen mehr war. Manche Delegierte mussten umkehren, viele sind zu spät gekommen und mussten über Zäune klettern. Die AfD hat sehr deutlich gemerkt, dass sie im Ruhrpott nicht willkommen ist. Der Parteitag musste sogar mit 30 Minuten Verspätung anfangen. Das ist ein demokratischer Erfolg und das Ergebnis von friedlichen Aktionen des zivilen Ungehorsams.

Gleichzeitig bin ich aber auch schockiert, dass die Polizei dabei geholfen hat, gewaltvoll diesen Parteitag gegen den Willen der Stadtgesellschaft durchzusetzen. Aus unserer Sicht ist es ein Skandal, dass unsere solidarischen und friedlichen Proteste durch Teile der Polizei kriminalisiert, verboten und niedergeschlagen wurden. Immer wieder wurden AfD-Delegierte durch unsere Versammlungen geführt.

Gibt es Zahlen über Festnahmen, Unterbindungsgewahrsam, Verletzte?

K. S.:

Da sich nicht alle Menschen bei unseren Strukturen melden, nennen wir keine genauen Zahlen zu Verletzten, doch wir haben von vielen Menschen gehört, die Polizeigewalt erfahren haben. Einige haben Verletzungen davongetragen. Besonders schockierend ist natürlich, dass ein Delegierter Menschen angespuckt und in die Wade gebissen hat. Am Sonntag morgen waren unseres Wissens noch zehn Menschen in Gewahrsam. Einige von ihnen in Unterbindungsgewahrsam, das heißt Präventivhaft.

Die sollte bis Sonntag abend um 20 Uhr dauern. Nicht immer wurde Anwältinnen und Anwälten der Zugang zu ihren Mandantinnen und Mandanten gewährt, so dass diese allein angehört wurden. Die Menschen haben ein Recht auf anwaltlichen Beistand. Das ist ein demokratischer Skandal.

Was können kommende Aktionen sein, um sich der AfD aktiv entgegenzustellen?

A. M.:

Die AfD hat auf ihrem Parteitag wieder zementiert, dass sie unseren Sozialstaat aushöhlen und Menschenrechte wie das Recht auf Asyl, Arbeitnehmerrechte und Streikrecht, Recht auf Selbstbestimmung und Inklusion grundlegend in Frage stellen und mit Ansage abschaffen will. Nach den Demonstrationen Anfang des Jahres, sind wir gemeinsam den nächsten Schritt gegangen, haben den Schulterschluss mit allen Menschen gesucht, die zu Recht Angst vor einem neuen Naziregime in Deutschland haben.

Wir haben gestern gezeigt, wie wir aus einer Ohnmacht, die ich lange gespürt habe, jetzt eine aufstrebende Kraft auf die Straße bringen können, die die Bewegung sein kann, die es 1932 gebraucht hätte. Dabei sind wir schockiert, dass unser Staat und die Polizei wieder versagen und unser Recht auf Protest und das demokratische Mittel des zivilen Ungehorsams missachten. Wir sind entsetzt, dass schon lange vor dem Protesttag unsere angemeldeten Demonstrationen von der Polizei massiv erschwert wurden. Ampel und CDU schütten mit ihrer Politik Öl ins Feuer der extremen Rechten, indem sie ihre rechten Erzählungen wiederholen. Das muss ein Ende haben.

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