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DLF neulich ungeheuerlich
Die Freilassung von Julian Assange in der vorigen Woche hat naturgemäß unterschiedlichste Reaktionen ausgelöst, bemerkenswert war ein Kommentar am 25. Juni im Deutschlandfunk. Christine Heuer eröffnete mit einem Stoßseufzer: »Endlich. Julian Assange kommt frei«, fand aber fragwürdig, dass »seine Anhänger bereits beklagen, Assange sei zu einem Schuldbekenntnis gezwungen worden, mit dem die Arbeit von Journalist*innen kriminalisiert werde.« Was daran nicht stimmt? Nach Heuer setzt dieser Vorwurf voraus, »dass Julian Assange ein Journalist ist und kein politischer Aktivist«. So fein unterscheiden auch Erdoğans Richter, wenn sie Journalisten als Terroristen wegsperren. Die London-Korrespondentin ließ gelten, dass Assange »Kriegsverbrechen in Irak und Afghanistan öffentlichgemacht« hat. Trotzdem geht die gnadenlose Jagd auf ihn nach Heuers ungeheuerlicher Logik in Ordnung: Es sei »nach US-Recht zulässig« gewesen, Assange anzuklagen. Nach einem Recht, das die – vom Angeklagten – überführten Kriegsverbrecher im Oval Office nicht behelligt. Diesen Aspekt lässt die Kommentatorin unter den Tisch fallen, wir geben ihr trotzdem das letzte Wort, weil es vermutlich wahr ist: Der Prozess habe ziemlich sicher erreicht, »was sich die US-Ankläger erhofft haben mögen, dass potentielle Nachahmer abgeschreckt werden«.
Nagelneues und tolle olle Kamellen in elf Programmvorschlägen: Die »ARD-Radiofeature«-Ausgabe »No Nation« handelt von 120.000 Menschen, die zum Teil seit Generationen als Staatenlose im Land leben (SWR 2024, Do., 15.04 Uhr, HR 2 Kultur, 18.04 Uhr, MDR Kultur, Fr., 15.05 Uhr, SWR Kultur, Sa., 9.05 Uhr, SR 2, 13.05 Uhr, Bayern 2, 18.05 Uhr, Bremen 2, So., 13.04 Uhr, WDR 5). Was tun, wenn du mit dem Raumschiff die Biege machen musst und der Bordcomputer spinnt? Lautes Singen hilft in der Weltraumoper »Defekt« von Mithatcan Öcal, aufgeführt im Juni bei der Münchner Biennale (Di., 20.05 Uhr, BR Klassik). Die »Querköpfe« berichten »Von der Kunst, ein Kabarett zu führen« am Beispiel der Magdeburger »Zwickmühle« (Mi., 21.05 Uhr, DLF). Das Feature »Böse Orks, gierige Ferengi« thematisiert Rassismus in Fantasy und Science-Fiction (DLF 2024, Fr., 20.05 Uhr). Mal weitergedacht: Ist Cosplay kulturelle Aneignung? Die 85jährige Marta Feuchtwanger, Witwe des Schriftstellers Lion, diktierte 1976 ihrem Chauffeur Erinnerungen in den Rekorder, die Kassetten gibt es noch: »Der Schatz von Pacific Palisades« (BR 2017, Sa., 8.05 Uhr, So., 12.05 Uhr, Bayern 2).
Zwei Hörspielpremieren am Samstag abend: »Die Vorfälle – Auf den Spuren eines Spukfalls« vom Theaterkollektiv »vorschlag:hammer« (WDR 2024, 19.04 Uhr, WDR 3), und »Aristo Games« von Hermann Kretzschmar (SWR 2024, 23.03 Uhr, SWR Kultur). Meist Beiseitegelassenes von Georg Kreisler im US-amerikanischen Exil wird in »Wie war das nur? Ich weiß nicht mehr!« hervorgeholt, Elisabeth Orth vertritt den Unsterblichen (So., 8.05 Uhr, Ö 1). Gustl Bayrhammer, Christa Berndl und Bruno Ganz treten auf im Stück »Pioniere in Ingolstadt« von Marieluise Fleißer, mit dessen Berliner Aufführung der Brecht 1928 das Militär aufbrachte (BR, SFB 1969, So., 15.05 Uhr, Bayern 2). Zum Schluss der Hinweis auf »Kein Fluss«, ein Hörspiel nach dem Roman von Selva Almada (SWR 2024, So., 18.20 Uhr, SWR Kultur), und auf das Feature »Wir haben gestern gelobt, dass wir keine Demokraten sind«, mit Originalgebrüll vom »Reichstag zu Flensburg«, aus dem 1975 die »Reichsbürgerbewegung« gekrochen kam (SWR 2024, Mo., 19.30 Uhr, DLF Kultur).