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25.10.2024 / Presseerklärung

PM junge Welt: Schriftliches Urteil im Prozess jW gegen Bundesrepublik Deutschland mit absurden Unterstellungen

PM junge Welt: Schriftliches Urteil im Prozess jW gegen Bundesrepublik Deutschland mit absurden Unterstellungen

Wie die in Berlin erscheinende Tageszeitung junge Welt in ihrer Wochenendausgabe vom 26./27.10.2024 berichtet, liegt nun das schriftliche Urteil des Berliner Verwaltungsgerichts in der Klage der Zeitung gegen die Bundesrepublik Deutschland vor, wonach die Nennung der jungen Welt im Verfassungsschutzbericht rechtens wäre. Es lägen „zahlreiche und hinreichend verdichtete Anhaltspunkte dafür vor“, dass die junge Welt die „Errichtung einer verfassungsfeindlichen sozialistisch-kommunistischen Gesellschaftsordnung nach klassisch marxistischem Verständnis“ aktiv anstrebe. Das dies der Zeitung selbst so nicht zu entnehmen sei und diese vielmehr für die Verteidigung demokratischer Grundrechte und liberaler Rechtsnormen eintritt, wertet der Richter als taktisch motiviert.

Als zentraler Anhaltspunkt wird im Urteil die „Befürwortung Lenins und seiner Theorie“ durch die junge Welt gewertet, die durch das Gericht auf Einführung einer Einparteiendiktatur zusammenfasst wird. Zwar propagiere die junge Welt gar kein Einparteiensystem, müsse sich dennoch die Leninsche Auffassung dazu anrechnen lassen. Begründet wird dies damit, dass die junge Welt Rechte an Lenintexten besäße, drei Bücher von und über Lenin veröffentlicht habe, auf einem UZ-Pressefest eine „Lenin-Bar“ betrieben habe und eine Kolumne mit dem Titel „Rotlicht“ mit den Köpfen von Marx, Engels und Lenin illustriert habe. Als zweiten „gewichtigen tatsächlichen Anhaltspunkt“ sieht der Richter Verbindungen zwischen der jungen Welt und der DKP. Dem Vorsitzenden dieser Partei, Patrick Köbele räume „die jW immer wieder die Möglichkeit ein, für seine politischen Inhalte medienwirksam zu werben“. Außerdem gebe es „personelle Verflechtungen“. Der Richter nennt sechs von über 100 aktuellen oder bisherigen Mitarbeitenden der jungen Welt, die ihre Nähe zur DKP demonstriert hätten oder gar Mitglied in der Partei seien – und gerade mal zwei von über 800 Autoren pro Jahr. Es sei zwar richtig, dass nur einige Autoren und Mitarbeiter der DKP zuzuordnen seien, aber im Verfassungsschutzbericht sei ja auch nur von „einzelnen“ und „einigen“ die Rede, dies entspräche also den Tatsachen. Der Richter führt dann weiter aus, dass die junge Welt nicht nur „eine verfassungsfeindliche Gesinnung“ habe, sondern „die Errichtung“ einer Einparteiendiktatur auch aktiv anstrebe. Seine Aussagen gipfeln in der Unterstellung, dass das Handeln dieser Zeitung „maßgeblich von dem Willen getragen“ sei, das aktuelle kapitalistische System zu überwinden bzw. die Konterrevolution rückgängig zu machen.“ Es sei daher „im Sinne der jW, wenn die von ihrer Propaganda (…) aufgeklärte Leserschaft im Sinne von Lenin dazu übergeht, mit Gewalt bzw. politischen Straftaten die sozialistische Revolution einzuleiten.“ Trotz solcher Behauptungen wollte der Richter aber am Ende eine Berufung nicht zulassen, „weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung“ habe.

Junge Welt Chefredakteur Nick Brauns sieht in Urteil und Begründung einen Eingriff in die Meinungs- und Pressefreiheit. Er verwahrt sich gegen die „absurde Unterstellung“ des Richters, die junge Welt wolle die DDR über eine Revolution wiederherstellen und das Grundgesetz abschaffen. Geschäftsführer Dietmar Koschmieder, der die Klägerin im Verfahren vertritt, betont, dass mit einer Niederlage in der ersten Instanz zwar zu rechnen war, allerdings nicht mit so einer Urteilsbegründung, die weit über das hinausgehe, was der Verfassungsschutz bisher der Zeitung vorgeworfen habe. Die junge Welt werde nun die Zulassung der Berufung beim Oberverwaltungsgericht beantragen. Junge Welt und Verlag 8. Mai GmbH haben schon bei Klageeinreichung im Jahr 2021 betont, dass sie diese Sache notfalls bis vor den Europäischen Gerichtshof bringen werden.

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