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03.04.2020, 19:50:02 / jW stärken!

Kein Abo unter dieser Nummer

Heute erscheint die junge Welt zum letzten Mal
jW-Ausgabe vom 6. April 1995
jW-Archiv

»Wer den Abocoupon heute ausfüllt, hat Pech gehabt: Diese Ausgabe der jungen Welt ist die letzte.« Mit der obigen Überschrift und dem zitierten Einstiegssatz auf der Titelseite schockierte diese Zeitung am 6. April 1995 ihre Leserinnen und Leser. Nur einen Tag zuvor war Redaktion und Betriebsrat der jungen Welt mitgeteilt worden, dass der herausgebende Verlag Konkurs angemeldet habe. Das geschah vor genau 25 Jahren – wie kommt es, dass es trotz alledem die junge Welt auch heute noch gibt?

Der Hauptgrund: Die junge Welt hatte sich schon zu diesem Zeitpunkt zu einer unverwechselbaren Zeitung entwickelt. Die Alteigentümer sahen aber keine Chance mehr, mit diesem Produkt Profite zu erwirtschaften. Deshalb wurde sie eingestellt. Einige der jW-Macherinnen und -Macher und viele der jW-Leserinnen und -Leser wollten das nicht hinnehmen: Der Betriebsratsvorsitzende gründete mit Unterstützung eines Kollegen die Verlag 8. Mai GmbH und verhandelte mit den Alteigentümern erfolgreich über Titel- und Belieferungsrechte. Da aber der neue Eigentümer nicht reich war und gerade mal soviel Kapital aufbringen konnte, wie für die Gründung einer GmbH zwingend vorgeschrieben ist, stand fest: Eine Genossenschaft muss her! Während aber die Bildung einer GmbH in wenigen Tagen möglich ist, konnte die Gründungsversammlung der LPG junge Welt eG erst am 7. Oktober 1995 stattfinden. Bis zur Eintragung ins Genossenschaftsregister und dem Zusammenkommen einer nennenswerten Zahl von Genossinnen und Genossen und damit auch von Anteilen und Kapital zur Unterstützung des Verlages dauerte es weitere Monate: Im Frühjahr 1998 übernahm die Genossenschaft 52 Prozent der Anteile und war damit bestimmender Mehrheitseigentümer der Verlag 8. Mai GmbH. Heute gehören ihr 95,6 Prozent der Anteile, dem Verlagsgründer verbleiben 4,4 Prozent. Mittlerweile geht das Konzept auf: Die laufenden Geschäfte des Verlages werden weitgehend durch Aboeinnahmen finanziert. Aber für besondere Investitionen oder in Krisenzeiten, wenn also zusätzliches Kapital benötigt wird, das der jW von keiner Bank kreditiert wird, steht die eigene Genossenschaft bereit.

Auch in den aktuell schwierigen »Corona-Zeiten« ist es gut, dass eine starke Genossenschaft bei Bedarf helfen kann. Die junge Welt wird deshalb trotz Coronakrise ihren Seitenumfang nicht verringern. Wir gehen davon aus, dass es in diesen Tagen nicht weniger zu berichten gibt als in vermeintlich normalen Zeiten. Verlag und Redaktion brauchen das Kollektiv und vernetztes Denken vor Ort, um die anstehende Arbeit gemeinsam planen, durchführen und auswerten zu können. Auch in diesen schweren Zeiten können sich die Kolleginnen und Kollegen dank einer starken Genossenschaft weiterhin hauptsächlich um die Inhalte kümmern und werden von ökonomischen Ängsten und politischen Zwängen nicht zu sehr behindert. Wer also heute einen Abocoupon ausfüllt, hat kein Pech: Die bestellte junge Welt kommt zuverlässig, ob als Print- oder als Onlineausgabe.

Jeder, der dieses Projekt nicht nur mit einem Abo unterstützen will, kann Mitglied in der Genossenschaft und damit Mitherausgeber der jungen Welt werden. Ein Anteil ist für 500 Euro zu haben, den kann man auf einen Schlag, gerne aber auch in Raten bezahlen. Schon mit der Bestätigung des Aufnahmeantrags durch den Vorstand ist man vollberechtigtes Mitglied in der Genossenschaft und kann an der Generalversammlung am Samstag, den 27. Juni 2020, ab 13 Uhr in der jW-Ladengalerie (10119 Berlin, Torstr. 6) teilnehmen. Die geplanten Feierlichkeiten zur Verlags- und Genossenschaftsgründung werden allerdings auf einen späteren Zeitpunkt verschoben.

Vorstand der Genossenschaft LPG junge Welt eG

Weitere Infos zur Genossenschaft: jungewelt.de/genossenschaft

Solidarität jetzt!

Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.

In unseren Augen ist das Urteil eine Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit in der Bundesrepublik. Aber auch umgekehrt wird Bürgerinnen und Bürgern erschwert, sich aus verschiedenen Quellen frei zu informieren.

Genau das aber ist unser Ziel: Aufklärung mit gut gemachtem Journalismus. Sie können das unterstützen. Darum: junge Welt abonnieren für die Pressefreiheit!

                                               Heute 8 Seiten extra – Beilage zum Thema: Weihnachten