Angriffe auf junge Welt
Von Verlag, Redaktion und Genossenschaft junge WeltLiebe Leserinnen und Leser,
gibt es in diesem Land noch Rechtsstaatlichkeit und bürgerliche Demokratie? Unbequeme Berichterstattung wird jedenfalls bekämpft. Es vergeht kaum eine Woche, in der nicht versucht wird, mit juristischen Mitteln in die Arbeit der Tageszeitung junge Welt einzugreifen. Offensichtlich, weil wir die falschen Fragen stellen, die falschen Interessen vertreten. Angegriffen werden wir dementsprechend von großen Unternehmen wie dem Fleischkonzern Tönnies, dem unsere Berichterstattung über den Umgang mit dem Betriebsrat nicht gefällt. Oder vom Wohnungskonzern Akelius, der unseren Artikel über die angesetzte Räumung einer Mieterin mitten in Coronazeiten beklagt. Oder von der Neumann Kaffee Gruppe aus Hamburg, die ihr imperiales Gehabe in Afrika nicht dargestellt sehen möchte. Auch bekannte und weniger bekannte Neonazis und Rechte, vom sogenannten »Hitler von Köln« über diverse AfD-Abgeordnete bis hin zu Personen aus dem NSU-Umfeld wollen unsere Berichterstattung einschränken. Selbst Behörden (zum Beispiel das BKA) oder Minister (etwa der ehemalige Gesundheitsminister Spahn) versuchen, mit juristischen Mitteln Einfluss auf unsere Artikel zu nehmen. Allerdings halten wir dagegen und gewinnen auch die meisten dieser Prozesse. Das spricht durchaus dafür, dass die bürgerliche Demokratie noch funktioniert.
Staat und Kapital gegen jW
Dagegen spricht allerdings, dass neben alledem die Tageszeitung junge Welt seit Jahren vom Inlandsgeheimdienst verfolgt und öffentlich als »Personenzusammenschluss« verleumdet wird, der eine Diktatur errichten wolle. Das sollte der Behörde nun per einstweiliger Verfügung untersagt werden, allerdings lehnte das zuständige Berliner Verwaltungsgericht dieses Ansinnen der jungen Welt ab. Schlimmer noch, mit der gelieferten Begründung legitimiert das Gericht die erklärte Absicht des Inlandsgeheimdienstes, der Tageszeitung junge Welt »den Nährboden zu entziehen«. Jeder habe zwar das Recht auf eine eigene Meinung, wird da vom Richter zu Protokoll gegeben, der Staat habe aber auch das Recht, daraus Schlussfolgerungen zu ziehen. Der Beschluss des Verwaltungsgerichts gipfelt in dem Vorwurf, die junge Welt »halte bestehende Verhältnisse für veränderbar«. Wenn dies aber einem Gericht als Argument dafür dienen kann, einer Tageszeitung die ökonomische Grundlage zu zerstören, hat das wenig mit bürgerlicher Demokratie und nichts mehr mit Pressefreiheit zu tun. Allerdings liegt noch kein Urteil in erster Instanz vor – und die junge Welt hat auch in der Vergangenheit Prozesse oft erst in zweiter Instanz gewonnen. Neben all diesen Angriffen erntet die Zeitung zur Zeit verstärkt Vorwürfe von Politikern und Journalisten, weil sie in das Geschrei nach »Kanonen statt Butter« und nach mehr und schwereren Waffen für die Ukraine nicht einstimmt, sondern vielmehr vor einem nächsten großen Krieg warnt.
Wie wir die Angriffe parieren
Die vielfältigen Versuche, der jungen Welt und damit ihrer unliebsamen Berichterstattung »den Nährboden zu entziehen«, zielen darauf ab, ihre »Reichweite« und »Wirkmächtigkeit« einzuschränken und zurückzudrängen, wie es der Verfassungsschutz ganz offen formuliert. Ob das gelingt, ist gut daran abzulesen, wie viele Menschen mit der Zeitung erreicht werden können – über die Verkäufe am Kiosk, vor allem aber auch über die Zahl der Print- und Onlineabonnements. Deshalb können die Angriffe auf die junge Welt am besten dadurch pariert werden, indem sie genau das Gegenteil dessen bewirken, was beabsichtigt ist: also deutlich mehr statt weniger Verkäufe am Kiosk, mehr statt weniger Abonnements. Dies sichert nicht nur die ökonomischen Grundlagen für das weitere Erscheinen der Zeitung, es verschafft den Inhalten unserer Berichterstattung mehr Aufmerksamkeit und sorgt dafür, dass nicht nur regierungsamtliche Sichtweisen wahrnehmbar sind.
Nicht alleine dastehen
Deshalb ist es besonders erfreulich, dass in den letzten Wochen und Monaten die Nachfrage nach unserer Berichterstattung und Analyse deutlich steigt. Ursprünglich stellten wir uns zum Ziel, 1.000 Abos für die Pressefreiheit zu gewinnen. Dies erweiterten wir dann auf 2.000 Abos – auch diese Marke wurde bereits deutlich überschritten. Deshalb haben wir uns nun vorgenommen, bis zur nächsten Internationalen Rosa-Luxemburg-Konferenz im Januar 2023 mindestens 5.000 Abos für die Pressefreiheit zu werben. Dabei zählt jedes reguläre Print- und Onlineabo, jedes Geschenk- oder Knastabo, jedes Aktionsabo für 75 Euro, aber auch jeder Umstieg auf eine höhere Preisklasse oder vom Teil- auf ein Vollabo. Und um den Bekanntheitsgrad der jungen Welt zusätzlich zu steigern, starten wir am 23. April eine dreiwöchige Kioskaktion, wollen den Verkauf im Einzelhandel deutlich ankurbeln. Rund um den 1. Mai verteilen zudem engagierte jW-Leserinnen und -Leser bundesweit an vielen Orten die aktuelle Ausgabe der Zeitung, um neue Interessenten zu erreichen. Wir bitten auch Sie, uns in den kommenden Wochen bei diesen Bemühungen aktiv zu unterstützen. Denn sicher geht es auch Ihnen so: Es tut gut, in diesen schwierigen Zeiten nicht alleine dazustehen.
Solidarität jetzt!
Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.
In unseren Augen ist das Urteil eine Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit in der Bundesrepublik. Aber auch umgekehrt wird Bürgerinnen und Bürgern erschwert, sich aus verschiedenen Quellen frei zu informieren.
Genau das aber ist unser Ziel: Aufklärung mit gut gemachtem Journalismus. Sie können das unterstützen. Darum: junge Welt abonnieren für die Pressefreiheit!