Ins Süppchen gespuckt
Von Dietmar KoschmiederDie Rosa-Luxemburg-Konferenz wird seit ihrer ersten Ausgabe im Jahr 1996 bekämpft. So wollte der RCDS (Ring Christlich-Demokratischer Studenden) verhindern, dass Uniräume dafür zur Verfügung gestellt werden, warnte der BDI-Präsident und AFD-Mitgründer Hans-Olaf Henkel vor dem »wichtigsten neomarxistischen Symposium in Deutschland«, begründet der Inlandsgeheimdienst seine Repressionen gegen die junge Welt auch mit deren Verantwortung für die Durchführung der Konferenz, versuchten rechte Kräfte sogar mit Bombendrohungen die Veranstaltung zu verhindern, keifte die Bild, weil dort Gewerkschafter und die »Tagesschau«, weil dort Gefangene zu Wort gekommen seien – um nur einige Beispiele zu nennen. Andere, sich selbst als links verstehende Kräfte versuchten gelegentlich, die Konferenz zu stören oder durch eine Gegenveranstaltung zu schwächen.
Der jüngste Angriff dieser Art kommt von der angeblich einzigen Partei des echten Sozialismus, der MLPD. Glaubt man ihrem rf-Ticker vom 16. Dezember dieses Jahres, geht die Konferenz, die am 14. Januar »im noblen Viersternehotel Mercure MOA Berlin« stattfinden wird, in etwa so: 3.000 Verzweifelte treffen sich im Saal des »Luxushotels« und weitere Zigtausende Ohnmächtige und Resignierte vor 20.000 Bildschirmen zu Hause oder in organisierten Zusammenkünften. Nur um China und Russland, »zwei imperialistische Länder als Vorbilder präsentiert« zu bekommen, »von denen eines die Ukraine überfällt, das andere mit der Eroberung Taiwans droht«. Die Teilnehmenden laufen dabei Gefahr, »hinterher deutlich verzweifelter« zu sein als vorher. Auch weil die jW davor »kapituliere, als organisierende Kraft im Friedenskampf zu wirken«. Doch Rettung ist nah: Am gleichen Tag findet zur gleichen Zeit (und auch mit abschließender Podiumsdiskussion) ebenfalls in Berlin ein Treffen von Kräften statt, die wie das gecoverte Original »den dritten Weltkrieg verhindern wollen«. Wie immer in solchen Konstruktionen lädt nicht die MLPD ein (die die Konkurrenzveranstaltung dennoch fest im Griff hält), sondern eine »neue Friedensbewegung«, die von der organisierenden Kraft der »auf die Arbeiter und Massen« vertrauenden MLPD profitieren darf.
In der 28jährigen Geschichte der Internationalen Rosa-Luxemburg-Konferenz gab es immer wieder Versuche von Gegenveranstaltungen, die alle gescheitert sind. Aber in keinem Fall wurde so dreist gelogen wie im aktuellen. Da wird Erfundenes als Zitat ausgegeben, (»Sammlungsbewegung für Verzweifelte«) da wird wahrheitswidrig behauptet, die »revisionistische DKP« sei Träger der Konferenz und dem geladenen russischen Kommunisten wird das Gelöbnis angedichtet, mit der russischen Regierung (die ihn 2021 wegen Anstiftung zum Aufruhr verurteilt hat) den Sozialismus erkämpfen zu wollen, um nur drei Beispiele zu nennen. Wer die Unterstellungen im jW-Original nachlesen will, bekommt dann am Ende des Artikels auch noch eine falsche Quellenangabe präsentiert.
Dass die MLPD ein weiteres Mal ihrer politischen Verantwortung nicht gerecht wird und lieber ihr eigenes Süppchen kochen will, wäre kaum der Rede wert, weil sie auch diesmal damit scheitern wird. Dass sie aber selbst in Zeiten eines drohenden, alles vernichtenden Weltkrieges nicht den Schulterschluss mit anderen progressiven Kräften sucht, sondern lieber aus reinem Eigennutz separieren und spalten will, lässt keinen anderen Schluss zu als den, dass sie die Geschäfte der herrschenden Klasse betreibt, die sie zu bekämpfen vorgibt. Allerdings macht sie das ziemlich schlecht, weil Absicht und Folgen leicht erkennbar sind. Es bleibt dabei, wie es im von der MLPD angegriffenen jW-Beitrag heißt: Von der 28. Internationalen Rosa-Luxemburg-Konferenz am 14. Januar 2023 wird ein in diesen Zeiten so dringend nötiges starkes friedenspolitisches Signal ausgehen. Das werden weder die MLPD noch andere obskure Kräfte verhindern.
Solidarität jetzt!
Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.
In unseren Augen ist das Urteil eine Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit in der Bundesrepublik. Aber auch umgekehrt wird Bürgerinnen und Bürgern erschwert, sich aus verschiedenen Quellen frei zu informieren.
Genau das aber ist unser Ziel: Aufklärung mit gut gemachtem Journalismus. Sie können das unterstützen. Darum: junge Welt abonnieren für die Pressefreiheit!