Kapitallogik aufzeichnen
Von Verlag, Redaktion, Genossenschaft junge WeltHinter Masken reden sie von Freiheit, Demokratie und Menschenrechten, von westlichen Werten, die verteidigt werden müssten. Wie es dahinter aussieht, zeigten sie deutlich am 11. September 1973 und an den folgenden Tagen, also vor genau 50 Jahren, beim faschistischen Putsch in Chile gegen die sozialistische Regierung Allendes: Es geht ihnen um brutale Durchsetzung von Kapitallogik, wozu die Demokratie »gelegentlich in Blut gebadet werden« müsse, wie es ihr Handlanger, der Putschgeneral Augusto Pinochet, damals formulierte. Für Verlag und Redaktion der Tageszeitung junge Welt war deshalb klar, dass wir mit dem Putsch in Chile nicht nur ein historisches Datum mit journalistischen Mitteln würdigen, sondern auch darüber hinaus Zusammenhänge, Hintergründe und aktuelle Bezüge aufzeigen wollen. Wir befürchteten offensichtlich zu Recht, dass das sonst niemand mit der notwendigen Gründlichkeit tun würde. Die Veranstaltungsreihe startete deshalb schon am 11. Mai mit einem Konzert von Gina Pietsch und endet am 13. Januar 2024 auf der 29. Internationalen Rosa-Luxemburg-Konferenz in Berlin: Für uns bleiben die Lehren aus dem Putsch in Chile auch nach dem 11. September von größter Bedeutung!
Wie so oft kam es dann noch schlimmer als befürchtet: die bürgerlichen Medien erwähnten bestenfalls das Datum (und manche nicht einmal dies), berichteten vielleicht etwas über Opfer und Flüchtlinge, aber kaum über die Rolle deutscher Altnazis und der damaligen SPD-Regierung, und nichts über die Rolle der Konzerne und Geheimdienste. Und schon gar nichts darüber, was dieser Putsch in Chile mit der Lage in der Ukraine zu tun haben könnte. Statt dessen wurde gemutmaßt, dass sich viele Chilenen wieder Ruhe und Ordnung á la Pinochet wünschen würden.
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Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.
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