Gegründet 1947 Dienstag, 5. November 2024, Nr. 258
Die junge Welt wird von 2974 GenossInnen herausgegeben
13.09.2024, 19:30:03 / jW stärken!
DDR 75

Egon kommt!

junge Welt erinnert an den 75. Jahrestag der Gründung der DDR
Von Team Veranstaltungen
Kriegsende_Gedenken_81996097.jpg
Egon Krenz am 9. Mai 2024 am Sowjetischen Ehrenmal im Treptower Park in Berlin

Der Blick auf die Geschichte soll sich ändern, wenn es nach dem Willen der Herrschenden geht. Einen positiven Bezug auf Errungenschaften der sozialistischen Arbeiterbewegung soll es nicht mehr geben. Auch dieser Entwicklung stellt sich die Tageszeitung junge Welt entgegen, und deshalb wollen wir am 5. Oktober mit einer Veranstaltung an den 75. Jahrestag der Gründung der Deutschen Demokratischen Republik erinnern. Dafür konnten wir auch Egon Krenz gewinnen, der im Herbst 1989 Generalsekretär des ZK der SED, Vorsitzender des Staatsrates sowie des Nationalen Verteidigungsrates der DDR war. Kurz vor und nach dem Fall der Mauer war Krenz maßgeblich dafür verantwortlich, dass es trotz der Dynamik der politischen Entwicklung friedlich blieb. Er begleitete die Ereignisse nach 1989, die Deindustrialisierung im Osten, den Aufstieg der Rechten kritisch und blieb seinen Überzeugungen stets treu. Auch 35 Jahre nach dem vorläufigen Ende des Sozialismus auf deutschem Boden bleibt Krenz deshalb dabei: Die DDR brauchte weder Krieg noch Völker- oder Fremdenhass. Sie war der bessere deutsche Staat.

Tickets für unsere Veranstaltung zum 75. Jahrestag der Gründung der DDR erhalten Sie

– im junge Welt-Laden, Torstraße 6, 10119 Berlin, Öffnungszeiten: Mittwoch bis Freitag, 13 bis 18 Uhr

– telefonisch: 030/53 63 55-37

– im junge Welt-Onlineshop

Eintritt: 15 Euro, ermäßigt 10 Euro

Programm »75 Jahre DDR. Was bleibt?«

19 Uhr:

Redebeitrag: Egon Krenz (DDR-Staatsratsvorsitzender 1989)

Redebeitrag: Martin Küpper (Philosoph)

19.40 Uhr:

Podiumsgespräch mit künstlerischen Einschüben mit: Linda Gundermann (Liedermacherin, Musikerin), Dörte Grimm (Autorin, Filmemacherin) und Jennipher Antoni (Schauspielerin)

21 Uhr:

Konzert: Linda und die lange Leitung

Im Anschluss an die Veranstaltung zeigt das Babylon den Defa-Spielfilm »Die Legende von Paul und Paula« (DDR, 1973, R: Heiner Carow).

Moderation: Doreen Kähler

Sonnabend, 5. Oktober 2024, 19 Uhr (Einlass ab 18 Uhr)

Babylon (Rosa-Luxemburg-Str. 30, 10178 Berlin, U-Bahnhof Rosa-Luxemburg-Platz)

Solidarität jetzt!

Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.

In unseren Augen ist das Urteil eine Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit in der Bundesrepublik. Aber auch umgekehrt wird Bürgerinnen und Bürgern erschwert, sich aus verschiedenen Quellen frei zu informieren.

Genau das aber ist unser Ziel: Aufklärung mit gut gemachtem Journalismus. Sie können das unterstützen. Darum: junge Welt abonnieren für die Pressefreiheit!

  • Leserbrief von Istvan Hidy aus Stuttgart (16. September 2024 um 11:32 Uhr)
    Die DDR war auf jeden Fall einen Versuch wert, auch wenn dieser letztlich scheiterte. Der Fehler des »real existierenden Sozialismus« lässt sich – zumindest symbolisch – an Egon Krenz und ähnliche »Kronprinzen« festmachen. Warum ich das so sehe: Der Sozialismus hatte eine echte Chance, als Gorbatschow 1986 Glasnost und Perestroika einleitete. Diese Reformen hätten den Sozialismus grundlegend erneuern und modernisieren können – gesellschaftlich, politisch und wirtschaftlich. Doch in der DDR, wie auch im gesamten sozialistischen Lager, blieb es still. Die Verantwortlichen, darunter Krenz, standen für das alte »Weiter so«. Sie waren weder auf Veränderung vorbereitet noch fähig, sich den neuen Gegebenheiten anzupassen. Eine große Chance wurde vertan, und das ist bedauerlich.
    • Leserbrief von Fred Buttkewitz aus Ulan - Ude (16. September 2024 um 12:47 Uhr)
      »Der Sozialismus hatte eine echte Chance, als Gorbatschow 1986 Glasnost und Perestroika einleitete. Diese Reformen hätten den Sozialismus grundlegend erneuern und modernisieren können – gesellschaftlich, politisch und wirtschaftlich.« Dann, Herr Hidy, lassen wir doch einmal Gorbatschow selbst antworten: »Mein Lebensziel war die Zerschlagung des Kommunismus.« Das sagte der Chef der Kommunistischen Partei der KPdSU, ein Verräter im höchsten Amt. Was er wollte, war kein Sozialismus, sondern eine Sozialdemokratisierung. Und was aus der Sozialdemokratie geworden ist, das sehen Sie ja. Also die Chance für den Sozialismus bestand in der Beseitigung seiner noch nicht erreichten Endstufe, des Kommunismus? Ähnlich chaotisch wie dieses Gelaber sah es dann in den Jahren unter seiner Leitung in der UdSSR aus. Diesbezüglich musste man Honecker Recht geben, er brauche keine Ratschläge von Gorbatschow, in dessen Wirkungsbereich es »noch nicht einmal mehr Salz in den Läden gab«. Abgesehen von einer kleinen, westlich ausgerichteten Schicht denkt die große Mehrheit der Russen an diese Jahre nur mit Grauen zurück. Der gesteigerte Verfall der UdSSR begann nicht unter Breshnew, sondern unter Gorbatschow. Bei aller verhärteten Sturheit der teils überalterten Führung in anderen sozialistischen Ländern taten sie gut daran, nicht auch von sich aus noch in diese Richtung zu gehen. Aber ohne die UdSSR war das gesamte System der wirtschaftlichen Zusammenarbeit nicht zu halten. Gorbatschow hat die DDR für ein paar läppische Kredite fallen gelassen, wie eine heiße Kartoffel. Und bei aller Liebe, die ich für die UdSSR oder für Russland hege: Genau das war ja bereits 1952 geplant im Austausch für einen Neutralitätsvertrag des geeinten, aber kapitalistischen Deutschlands, wie es dann 1955 in Österreich der Fall war. Die DDR war ein Faustpfand. Bei einem Sinneswandel in Moskau konnten kein Krenz und kein Honecker daran etwas ändern, ob mit oder ohne Glasnost.
      • Leserbrief von Istvan Hidy aus Stuttgart (16. September 2024 um 14:42 Uhr)
        Lieber Fredi, 1986, als ich Ende dreißig war, habe ich mich nicht intensiv mit Politik beschäftigt. Die politische Situation im gesamten Osten erschien mir aufgrund der fehlenden Informationstransparenz aussichtslos. Zwar waren mir die Verhältnisse in der Sowjetunion nicht im Detail bekannt, aber durch familiäre Bindungen und meine Tätigkeiten kannte ich mich in Mitteleuropa, vor allem in Ungarn, Rumänien, der Tschechoslowakei, Polen und der DDR, recht gut aus. Es war offensichtlich, dass all diese Länder unter dem sowjetischen Diktat litten und sich gegen die Art von »Sozialismus« wehrten, die aus Moskau verordnet wurde. Der sowjetische Befehl-Sozialismus, geschweige denn ein kommunistisches Ideal, wurde von den Menschen abgelehnt. Immer wieder hörte ich die berechtigte Klage: »Der Kreml lässt uns keine eigenen Reformen versuchen.« Ich hoffe, du bist dir auch darüber im Klaren, dass diese Länder – die DDR 1953, Ungarn 1956, die Tschechoslowakei 1968 und Polen 1980 – sich mehrfach gegen diesen sowjetischen Sozialismus aufgelehnt haben. Ich stimme mit Marx überein, der den Sozialismus in einem fortgeschrittenen Kapitalismus verortete. Lenin, als vom Westen finanzierter Putschist, hat dieses Konzept verdreht. Wie er gezeigt hat, bricht eine Kette immer am schwächsten Glied, und so war der sowjetische Sozialismus von Anfang an zum Scheitern verurteilt. Was Gorbatschow betrifft, stimme ich zu: Er war ein Schwätzer und naiver Idealist. Leider hat der real existierende Sozialismus in keinem der Länder einen echten Revolutionär hervorgebracht, der in der Lage gewesen wäre, aus den bestehenden Errungenschaften noch etwas für uns alle zu retten. Das ist in der Tat bedauerlich.
        • Leserbrief von Onlineabonnent/in Manfred G. aus Manni Guerth (16. September 2024 um 19:40 Uhr)
          Die Russische Revolution als Putsch zu bezeichnen, das machen sehr gerne Faschisten und die politisch kriminellen neoliberalen Bourgeoise … ach du meine Güte, die Monarchisten habe ich vergessen.
  • Leserbrief von Onlineabonnent/in Manfred G. aus Manni Guerth (13. September 2024 um 21:00 Uhr)
    Jemand, der sich Kommunist nennt, aber weder Mut noch Kampfgeist hat, weder Ehrlichkeit besitzt noch sagt, was ist, ist in meinen Augen kein Kommunist. Er nennt sich zwar Kommunist, aber das haben alle SED -Mitglieder auch getan. Allende hat mit der Waffe in der Hand gegen die Faschisten gekämpft, der war aber kein SED-Mitglied. Ich brauche keinen Krenz, der mir erzählt, wie seiner Meinung nach die Geschichte verlaufen ist. Keiner von denen hat sich der Annexion der DDR mit Waffengewalt widersetz. Geschichtenerzähler und Bücherschreiber haben wir Tausende, aber kaum eine Handvoll Revolutionäre. Ich würde die Veranstaltung so benennen: Einen Toten (DDR) soll man nix Schlechtes nachsagen.