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10.08.2018, 14:23:56 / Sommerabo

Rotlicht: Eigentum

Von Arnold Schölzel

Abschaffung von Gemeineigentum und Einrichtung von Privateigentum an Grund und Boden, an Produktionsmitteln überhaupt, ist ein Synonym für Klassengesellschaft – historisch und erst recht heute. Seit Jahrzehnten überrollt eine gigantische Enteignungswalze die gegenwärtige Menschheit.

Wo und unter welchen Bedingungen sich die frühen Gesellschaften in Klassen spalteten, lässt sich schwer auf einen Nenner bringen. Der entscheidende Vorgang waren im allgemeinen Sesshaftwerden sowie der Übergang zu Ackerbau, Viehzucht und Vorratshaltung in der sogenannten neolithischen Revolution. Dieser Prozess setzte im sogenannten Fruchtbaren Halbmond (im Klimawandel nach der letzten Eiszeit), in China, Nordafrika sowie Mittel- und Südamerika unabhängig voneinander ein und erstreckte sich über mehrere Jahrtausende. Die inneren Prozesse bei der Auflösung von Stammesgesellschaften weisen allerdings viele Parallelen auf, insbesondere die Abwehrkämpfe der alten Gemeinschaften gegen die Anhäufung von Reichtum in privaten Händen. Am Ende standen überall nichtbesitzende, unterdrückte und ausgebeutete Klassen den besitzenden gegenüber. Karl Marx und Friedrich Engels formulierten vor diesem Hintergrund im »Manifest der Kommunistischen Partei« einen Grundsatz des historischen Materialismus: »Die Geschichte aller bisherigen Gesellschaft ist die Geschichte von Klassenkämpfen. Freier und Sklave, Patrizier und Plebejer, Baron und Leibeigener, Zunftbürger und Gesell, kurz, Unterdrücker und Unterdrückte standen in stetem Gegensatz zueinander, führten einen ununterbrochenen, bald versteckten, bald offenen Kampf, einen Kampf, der jedesmal mit einer revolutionären Umgestaltung der ganzen Gesellschaft endete oder mit dem gemeinsamen Untergang der kämpfenden Klassen.«

Die heutige kapitalistische Weltwirtschaft wiederum bedingt eine Überakkumulation von Kapital, d. h. private Anhäufung von Vermögen in noch nicht gekannten Dimensionen. Nach einer Untersuchung der Hilfsorganisation Oxfam vom Januar gibt es weltweit 2.034 Milliardäre – ein neuer Rekord. In den 1980er Jahren waren sie noch an einer Hand abzuzählen. 42 davon besitzen demnach zusammen soviel wie die Hälfte der Menschheit. Grundlage dieses Vorgangs ist die Enteignung von Hunderten Millionen Kleinbauern, von Klein-, Mittel- und Großunternehmern durch Konzerne. Die Vernichtung zahlungsfähiger Kaufkraft ist einerseits Voraussetzung für das Entstehen riesiger Finanzzusammenballungen, auf der anderen Seite bedingt diese Enteignung, dass das globale Kapital zugleich in einer strukturellen Krise verharrt – auf der Suche nach den Kunden, die es beseitigt hat. Sozialabbau und Krieg sind Ausdrucksformen dieses praktizierten Widerspruchs.

Marx und Engels beschäftigten sich jahrzehntelang mit konkreten historischen Eigentumsformen im ökonomischen Sinn, nicht mit deren juristischen Fixierungen. Für sie war Eigentum an Produktionsmitteln der Kern von Produktionsverhältnissen, d. h. sie untersuchten vor allem den Zusammenhang von Eigentum und Entwicklung der Produktivkräfte. Genauer: Die Eigentumsform charakterisiert die Art und Weise, in der die Arbeitskraft mit den Produktionsmitteln verbunden ist. Insofern, so Marx im zweiten Band des »Kapital«, unterscheide die Eigentumsform »die verschiedenen ökonomischen Epochen der Gesellschaftsstruktur« (Karl Marx/Friedrich Engels: MEW Bd. 24, Seite 42).

Veränderungen der Eigentumsbeziehungen können nach Ansicht von Marx und Engels nur auf revolutionärem Weg herbeigeführt werden, denn sie sind mit Veränderungen der Klassen- und Machtverhältnisse verbunden. Im »Manifest« bezeichneten beide daher »die Eigentumsfrage (...) als die Grundfrage« der kommunistischen Bewegung. Sie sahen im Kapitalismus und dessen Tendenz zur universellen Entwicklung der Produktivkräfte das letzte Stadium einer auf Privateigentum an Produktionsmitteln basierenden, antagonistischen Gesellschaft.

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