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31.08.2018, 20:00:02 / Sommerabo
Zeitung gegen rechts

Chemnitzer Blutbad

Wie potentielle Killer-Flüchtlinge in Sonderwirtschaftszonen deutsche Interessen befriedigen könnten
Von Dietmar Koschmieder
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Ausgezeichneter Mann: Günter Nooke, Merkels Afrikabeauftragter

Viele der Informationen, die täglich der jungen Welt zu entnehmen sind, können ganz schön auf die Stimmung schlagen. Besonders in schlechten Zeiten wie diesen. Hier nur zwei Beispiele aus den letzten Tagen. Da nutzen Faschisten den gewaltsamen Tod eines jungen Mannes für Lügenpropaganda und offene Hetze, die zu organisierten Treibjagden gegen alle, die nur aussehen wie Ausländer, führen. Der Staat übt vornehme Zurückhaltung gegen die rechten Umtriebe und fordert damit die Nazis geradezu auf, ihr Treiben fortzusetzen. Politiker finden klare Worte für ihre Empörung: »Antifaschisten sind auch Faschisten. Feuer mit Feuer zu bekämpfen ist keine gute Idee«, kommentiert etwa der Vorsitzende der FDP-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus per Twitter die gewaltsamen Ausschreitungen in Chemnitz. Nicht zufrieden mit der Berichterstattung über die Vorfälle zeigt sich die »DDR-Bürgerrechtlerin« Angelika Barbe von der CDU: »Wenn es noch eines einzigen Beweises bedurft hätte, dass die ›gebührenfinanzierten Staatsmedien‹ nicht unabhängig, sondern fest in links-grüner Hand sind, wurde er am Chemnitzer Blutsonntag erbracht.« Wie man es richtig unabhängig macht, kann Frau Barbe beim Blog Halle-Leaks nachlesen (»Blutbad in Chemnitz – wieder morden Merkels Killer-Flüchtlinge mit Messern«) und die an gleicher Stelle angebotenen Aufkleber kaufen, auf denen ein schwarzes Gesicht mit hängender Zunge und der Unterzeile »Ficki, Ficki?« abgebildet ist. Ein Chemnitzer Blutbad mit über 30 Toten und über 100 Verletzten hat es übrigens tatsächlich gegeben – am 7. und 8. August 1919, als eine Arbeiterdemonstration von deutschem Militär zusammengeschossen wurde.

Deutsches Militär treibt sich heute wieder in Afrika herum. Um dessen Präsenz auszubauen, weilt Frau Merkel derzeit auf dem Kontinent. Womöglich hat sie noch andere Absichten, erläutert ihr Sonderbeauftragter für Afrika, der »DDR-Bürgerrechtler« Günter Nooke, gegenüber einer Nachrichtenagentur: Auf dem Kontinent sollten Sonderwirtschaftszonen eingerichtet werden, um die Migration nach Europa einzudämmen. Sonderwirtschaftszonen? Um potentielle Ficki-Ficki-Killer-Flüchtlinge gleich vor Ort wie Sklaven ausbeuten zu können? Weil bei vorherrschender Korruption beste Verwertungsbedingungen für deutsches Kapital bestehen? Nooke formuliert das vornehmer: »Heute gibt es weniger Industrieproduktion in Afrika als zur Kolonialzeit. Das ist erschreckend.« Ein Grund dafür sei die Korruption in vielen afrikanischen Staaten, die ausländische Firmen abschrecke. »Warum schafft man da nicht Sonderentwicklungszonen, in denen die Staaten für 50 Jahre ihre Hoheitsrechte abgeben und vielleicht die EU den Rechtsrahmen für Investitionen von Firmen aus dem Ausland garantiert?« Merkels Afrikabeauftragter lässt auch diese Frage nicht unbeantwortet: »Entweder, die Staats- und Regierungschefs machen selbst eine bessere Politik, oder sie geben Sonderwirtschaftszonen frei.« Deutsches Militär steht sozusagen bereits Gewehr bei Fuß. Der geschäftsführende Ausschuss des deutschen Kapitals wird wohl wissen, warum er gerade diesen Mann mit dem Nationalpreis und dem Bundesverdienstkreuz erster Klasse ausgezeichnet hat.

Nicht alle unsere Leserinnen und Leser können solche Nachrichten so ohne weiteres wegstecken. Manche dürfen deshalb auf ärztlichen Rat hin die junge Welt nur noch am Wochenende lesen. Als ob dadurch die Welt besser würde. Es geht auch anders. Unser Leser und Genossenschaftler Eddi K. aus Magdeburg rief diese Woche verzweifelt wegen der rassistischen Hetze und der rechten Umtriebe bei jW an. Er sei noch nie auf dem UZ-Pressefest gewesen, könne sich aber vorstellen, dass ein Besuch dort notwendige Kraft geben könnte, das alles auszuhalten. Tatsächlich ist das so, und wir können Eddi und allen anderen nur empfehlen, am kommenden Wochenende nach Dortmund zu reisen. Denn dieses Pressefest hat nicht nur ein umwerfend vielfältiges Programm zu bieten – dort treffen sich Tausende von Menschen, die für eine Welt eintreten, in der Menschlichkeit und Fortschritt den Lauf der Dinge bestimmen und nicht Dummheit, Hass und Profitgier. Aber auch das tägliche Lesen der jungen Welt gibt Kraft. Denn dort werden nicht nur aktuelle Entwicklungen des Kapitalismus geschildert – sondern auch, wer wie und wo Widerstand dagegen leistet.

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Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.

In unseren Augen ist das Urteil eine Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit in der Bundesrepublik. Aber auch umgekehrt wird Bürgerinnen und Bürgern erschwert, sich aus verschiedenen Quellen frei zu informieren.

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