Leserbrief zum Artikel Das war’s: Letzter Echo-Ärger
vom 26.04.2018:
Muskelbepackte Realsatire
Was mich an der Debatte stört, ist, wie schlecht und allgemein über das Musikgenre Rap oder Hip-Hop gesprochen und geschrieben wird. Hat der Rock wegen »Frei. Wild« ein generelles rechtsextremes Problem oder die Popmusik, weil Schmusesänger Xavier Naidoo an die große Weltverschwörung durch die Rothschilds glaubt und das in seinen Texten verarbeitet? Deutschland hat seit den Fantastischen Vier zu Beginn der 90er massenhaft hervorragende Hip-Hop-Gruppen und Rapper hervorgebracht: Fettes Brot, Beginner, Das Bo, Deichkind, Samy Deluxe oder Freundeskreis sind hier nur beispielhaft zu nennen. Ist es dann fair, wegen ein paar Möchtegern-Gangsta-Rappern und deren frauenverachtenden und antisemitischen Texten der gesamten Stilrichtung ein Problem anzudichten? Kollegah heißt mit bürgerlichem Namen Felix Blume, ist in Friedberg geboren und in Simmern im Hunsrück aufgewachsen, außerdem soll er Anhänger des Kreationismus sein, und dieser »Gangsta« studierte ganz spießig Jura in Mainz. Nicht mehr als eine muskelbepackte Realsatire, ein »Schauspieler«, der als Mann mit Komplexen »Musik« für Männer mit Komplexen macht. Traurig ist, wenn dieser Müll massenhaft konsumiert wird. Das sollte man dann aber gesellschaftlich hinterfragen und nicht den Rap oder Hip-Hop zum Problem machen.
Veröffentlicht in der jungen Welt am 27.04.2018.