Leserbrief zum Artikel Aus für Sachsens Geheimdienstchef
vom 02.07.2020:
Der V-Mann war nicht Zeuge, sondern an den Morden Beteiligter
ch konnte nur an einem einzigen NSU-Prozesstag in München teilnehmen, aber gerade da fand die Vernehmung von Carsten Szczepanski statt. Er wurde zu seiner Rolle als Waffenlieferant der beiden Uwes befragt, und er konnte seinen Verstoß gegen das Waffengesetz frei gestehen, da er erst zu einem Zeitpunkt aussagte, als dieser Vorwurf strafrechtlich verjährt war. Immerhin wies ein kluger Nebenklageanwalt auf Tatsache hin, dass er eine Waffe mit Schalldämpfer geliefert hat. Einen Schalldämpfer zu liefern ist ein gewichtiges Indiz dafür, dass dem Waffenlieferanten bekannt sein musste, dass die Waffe zum Zwecke eines Mordes benutzt werden soll. Denn wenn es nur um den Zweck der Selbstverteidigung ginge, wäre es doch hilfreich, wenn durch Schussgeräusche die Polizei alarmiert würde. Nachdem also der Charakter der gelieferten Waffe mit Schalldämpfer als Mordwaffe in der Vernehmung rechtssicher geklärt war, hatte ich erwartet, dass der Staatsanwalt dieses auch zur Kenntnis nimmt, dem Legalitätsprinzip folgt und deswegen den Vorwurf eines bereits verjährten Verstoßes gegen das Waffengesetz auf einen noch nicht verjährten Vorwurf der Beihilfe zum Mord erweitert und eine Saalverhaftung des Carsten Szczepanski vornehmen lässt. So muss es in einem Rechtsstaat geschehen. Wir Zuschauer waren über die Untätigkeit des Staatsanwaltes in dieser Angelegenheit empört und natürlich diskutierten wir den Verdacht, dass ein staatlich besoldeter Staatsanwalt mit dem staatlich besoldeten V-Mann und Waffenlieferanten unter einer Decke steckte und einen Deal gemacht hatte, um ihn vor Verurteilung zu schützen. Den Waffenlieferanten des NSU frei davonkommen zu lassen war für mich ein skandalöser Tiefpunkt des NSU-Verfahrens. Ihn nun Jahre später als »NSU-Zeuge« zu verharmlosen, das geht gar nicht!