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Leserbrief zum Artikel Früherer SPD-Chef Hans-Jochen Vogel gestorben vom 27.07.2020:

Kompliment von links

Mit dem Kanzlerkandidaten Dr. Hans-Jochen Vogel forderte die SPD im Bundestagswahlkampf 1983 unter anderem die gesetzliche Einführung der 35-Stunden-Woche. Es blieb mir ein Rätsel, wieso »Schwarz-Gelb« mehrheitlich bestätigt wurde, zumal die verräterische Lambsdorff-FDP Ende 1982 in Umfragen um drei Prozent gelegen hatte. Angesichts der Produktivitätsfortschritte, die auch in weiteren vier Jahrzehnten nicht aufhörten, könnte – sagen wir – Kevin Kühnert (SPD) doch vielleicht mal 25 Stunden fordern? Persönlich hörte und sah ich Dr. Vogel Ende der 1980er Jahre im Bonner Hofgarten, wo er sich klar für die Abrüstung der leider u. a. von seinem SPD-»Genossen« Helmut Schmidt befürworteten »Pershing-II«-Atomraketen und Cruise Missiles aussprach. »Wir könnten auch ienen gescheiten Kanzler haben« (statt Dr. Kohl, CDU), dachte ich mir und teilte dem Redner entsprechende Ermutigungen brieflich mit. Im April 1999 forderte Dr. Vogel eine »vorübergehende Unterbrechung der Luftangriffe« (auf Serbien, damals Teilrepublik der BR Jugoslawien), »um Friedensverhandlungen eine Chance zu geben.« Hätten das oder ähnliches nur einige mehr der »grünen« Expazifist(inn)en auch von ihrem schnoddrigen Vergewaltiger Joseph Fischer gefordert, womöglich gar die Koalition mit den mörderischen Kriegsherren Schröder und Scharping verlassen! Gewiss: Dr. Vogel blinkte niemals links, und links zu handeln hätte er kaum als Kompliment aufgefasst – ich aber. Und ganz konkret in diesen drei Punkten mache ich es ihm von Herzen. Er ruhe in Frieden.
Bernhard May, Solingen
Veröffentlicht in der jungen Welt am 30.07.2020.