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Ölfilm auf der Oder

Brandenburgs Umweltminister bestreitet drohendes Öko-Desaster
Von jW/AFP/ddpADN

Widersprüchliche Angaben machte das Brandenburger Umweltministerium zu einer bevorstehenden Umweltkatastrophe im Überschwemmungsgebiet an der Oder. Umweltminister Matthias Platzeck (SPD) wies am Montag Befürchtungen zurück, das Oderwasser sei stark durch Schadstoffe belastet. »Wir messen permanent und können auch heute früh sagen: Derzeit ist die Konzentration der Mineralöl- Kohlenwasserstoffe an den Meßstellen Frankfurt und Hohenwutzen weiterhin unterhalb der Bestimmungsgrenze«, sagte Platzeck im Inforadio Berlin-Brandenburg. Platzeck appellierte am Montag an Bewohner in Bad Freienwalde, keine Hausbrunnen zu benutzen. Alle Klärwerke in der betroffenen Region seien abgeschaltet. Der Umweltminister versicherte jedoch: »Die Verschmutzung der Oder ist nicht so schlimm.«

Dagegen hatte Florian Engels, Sprecher des brandenburgischen Umweltministeriums, bereits am Sonnabend von einer »schweren Umweltbelastung« gesprochen. Wahrscheinlich werde das meiste Öl beim Sinken des Wasserpegels in die Oder und später in die Ostsee gespült. »Wir gehen davon aus, daß ein großer Teil des Öls verdunstet.« Außerdem gebe es durch das Hochwasser einen »starken Verdünnungseffekt«. Es sei dennoch nicht ausgeschlossen, daß sich Ölreste auf den Ackerflächen absetzen und diese unbenutzbar machen. Diese kontaminierten Böden müßten dann entsorgt werden.

In der überschwemmten Ziltendorfer Niederung bei Brieskow-Finkenheerd hat sich an vielen Stellen ein kilometerlanger Ölfilm gebildet, wie Luftaufnahmen des Gebiets vom Sonnabend zeigen. Nach Fernsehberichten sind bei der Überflutung der Niederung mehrere Öltanks von Firmen oder Agrargenossenschaften leckgeschlagen und ausgelaufen. In der gesamten Senke hebt das Wasser Öltanks und zerreißt deren Leitungen, wenn der Tank nicht vorher abgeklemmt oder verankert wurde. In einem Fahrzeugdepot bei Wiesenau wurden 70 Busse nicht rechtzeitig fortgeschafft. Aus ihnen floß Öl in die Oder. Für Dienstag abend wird mit der nächsten Flutwelle am Zusammenfluß von Oder und Neiße gerechnet.

Das Oder-Hochwasser muß nach Einschätzung von Bündnis 90/Die Grünen zu nachhaltigen politischen Konsequenzen führen und den geplanten Havelausbau stoppen. Die dadurch freiwerdenden Milliarden-Gelder wären in Renaturierungsprogrammen und im Hochwasserschutz sinnvoll angelegt, erklärte die bündnisgrüne Bundestagsabgeordnete Franziska Eichstädt-Bohlig am Montag in Bonn. Gerade die brandenburgische Hochwasserkatastrophe lasse den Havelausbau mit seinem »zerstörerischen Großeingriff« in die Flußlandschaften von Elbe, Havel und Saale immer aberwitziger erscheinen.

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