Streit um die Insel Rügen
Mit einer nichtöffentlichen Befragung eines 97jährigen Zeugen hat am Montag die 2. Kammer des Greifswalder Verwaltungsgerichts den Prozeß um den früheren Fürstenbesitz von Rügen fortgesetzt. Unter dem Vorsitz von Richterin Meike Hirtschulz sei der nichtreisefähige Mann in Schleswig-Holstein über seine Erinnerungen an die Enteignung von Malte zu Putbus vor Kriegsende vernommen worden, sagte Richter Eckhard Corsmeyer.
Geklärt werden soll, ob der im Februar 1945 im KZ Sachsenhausen ums Leben gekommene Malte zu Putbus bereits von den Nazis oder erst im Zuge der Bodenreform enteignet worden war. Eine Kernfrage, denn Enteignungen durch die Bodenreform sind von der Rückgabe ausgeschlossen. Prozeßbeobachter gehen davon aus, daß gegebenenfalls bereits am Mittwoch die Plädoyers gehalten werden.
Im Prozeß geht es um Restitutionsansprüche auf rund 15 000 Hektar Land, darunter 78 landwirtschaftlich genutzte Immobilien und zehn Forste. Seit sieben Jahren habe Franz von Putbus mit seinem Anspruch auf Rückgabe den Aufschwung der Insel behindert, sagen betroffene Einwohner. Denn so lange sie keine Grundstücksverkehrsgenehmigung oder einen Eintrag ins Grundbuch bekommen, können sie nicht verkaufen, gibt es keine Kredite. Sie räumen ein, daß Malte von Putbus einen Tag nach dem Hitler-Attentat am 20. Juli 1944 von den Nazis abgeholt wurde. Doch die Beklagten machen geltend, daß selbst Franz von Putbus trotz jahrelanger Recherchen keinen schriftlichen Beleg für eine Enteignung durch die Nazis hat vorlegen können. Deshalb hatte bereits 1994 das Landesamt für offene Vermögensfragen Mecklenburg-Vorpommerns einen Großteil seiner Ansprüche abgelehnt.
Seine Rückgabeansprüche hat Putbus, weil er das Verfahren nicht bezahlen kann, teilweise an die Muttland Aufbau GmbH und Co. KG abgetreten, hinter der ein Schweizer Immobilienmakler steht.
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