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Aus: Ausgabe vom 06.06.2009, Seite 16 / Aktion

80 Cent für eine Stimme

Von Arnold Schölzel
Bild 1
Viel halten die Demokraten der EU nicht von Volksabstimmungen und Wahlen. Kommt der Oligarchenklub um ein Referendum nicht herum, wird nur ein »richtiges« Ergebnis akzeptiert. Sonst wird das Zettelfalten wiederholt wie in Irland, oder es finden keine nationalen Befragungen mehr statt wie in Frankreich oder den Niederlanden. Es reicht schließlich, wenn »unsere« Demokratie mit Streubomben, weißem Phosphor und Uranmunition in unzivilisierte Länder exportiert wird. Sie muß nicht auch noch zu Hause praktiziert werden.

Entsprechend lax und heiter verlief der diesjährige EU-Wahlkampf auch in der Bundesrepublik. Silvana Koch-Mehrin (FDP), Elmar Brok (CDU) und Martin Schulz (SPD) teilten in dieser Woche in einem gemeinsamen Brief, den die Redaktion von Bild auf Seite zwei des Busenblattes setzte, mit: »Wir im Europaparlament sind keine korrupten Verschwender und Faulenzer.« Das war wohl nötig. Frau Koch-Mehrin fiel in Brüssel durch viel Abwesenheit im Parlament und Betreiben irgendeiner der ungezählten Agenturen auf, die sich dort in der Kommissionsumgebung tummeln. Als die FAZ über ihren Fleiß im April schrieb, ging Koch-Mehrin dagegen vor Gericht und unterlag vor einer Woche. Da hatte sich der FDP-Generalsekretär Dirk Niebel gerade in einem wutschnaubenden Brief bei ARD-Chef Peter Boudgoust beschwert, weil ein unbotmäßiger Journalist Fragen an Koch-Mehrin zu An- und Abwesenheiten gestellt hatte. Herr Brok wiederum ist im Europaparlament so etwas wie der politische Arm des Bertelsmann-Konzerns. Der Verfassungsrechtler Hans-Herbert von Arnim zieh ihn öffentlich der »legalen Korruption«. Eine ähnliche Stütze der Gesellschaft ist Herr Schulz, der immer noch von dem Ruhm zehrt, vor sechs Jahren von Silvio Berlusconi für die »Rolle eines Kapo in einem KZ-Film« vorgeschlagen worden zu sein. Nun kämpft der wackere Schulz laut SPD-Wahlplakaten gegen »Finanzhaie« und »Dumpinglöhne«, für die er bisher stets den Arm hob. Was macht es, wenn einem italienischen EU-Kandidaten von der Mafia 2000 sichere Stimmen zum Preis von 3000 Euro angeboten werden, während auf Sizilien nur 80 Cent pro Stimme gefordert wurden? Da herrscht echter politischer Wettbewerb.


Natürlich gibt es auch andere Abgeordnete im Europaparlament. Einige von ihnen sind Autoren dieser Zeitung, ebenso wie manche ihrer Mitarbeiter. Nicht selten sorgen sie dafür, daß jW einen Informationsvorsprung hat. In dieser Hinsicht kann es sich lohnen, zur Wahl zu gehen. Wir hielten es nicht für nötig, die (reichlich scholastischen) Debatten unter deutschen Linken über EU und Europawahlen ins Zentrum der jW-Berichterstattung zu stellen. Die EU ist schließlich eine ernste Angelegenheit.

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Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.

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