Hannes Draeger lebt und arbeitet in Münster, liest seit
1999 die junge Welt und sorgt in seiner Freizeit für deren
Weiterverbreitung
Wann und warum haben Sie sich entschieden,
regelmäßig die junge Welt zu lesen?
Für mich war die Berichterstattung über den
Jugoslawien-Krieg 1999 ausschlaggebend. Die bürgerlichen
Medien haben diesen Krieg auf demagogische Art unterstützt und
befördert. Vieles hat sich hinterher als Lüge entpuppt,
manches war von Anfang an leicht durchschaubar. Als ich damals auf
die junge Welt gestoßen bin, war sie die einzige Zeitung, die
sich eindeutig gegen den Angriffskrieg positioniert hat. Das hat
mich überzeugt.
Sie haben sich entschlossen, unsere Zeitung systematisch
bekannter zu machen und weitere Leser für sie zu gewinnen. Wie
gehen Sie dabei vor?
Wenn es Sozialproteste und Demonstrationen gibt, lasse ich mir
immer gern ein paar Werbeexemplare der jW liefern, um sie an Ort
und Stelle zu verteilen. Das können 50 sein oder mehrere
hundert. In Münster und Umgebung gibt es eine Menge Leute, die
sie gerne lesen, verteilen und weiterempfehlen. Gerade in
Protestbewegungen, die sonst totgeschwiegen oder oberflächlich
und negativ dargestellt werden, kommt die junge Welt sehr gut an.
Zum Beispiel?
Eine Gelegenheit, bei der sie besonders gut ankam, war der
Bildungsstreik im Juni. Auch beim Bildungsstreik in den
nächsten Tagen wollen wir sie unters Volk bringen. Die
Studierenden und Schüler haben die Berichterstattung der
bürgerlichen Medien ja sehr kritisch verfolgt. In der jungen
Welt haben sie sich wiedererkannt. Deshalb wollen wir sie auch in
den nächsten Tagen verteilen.
Die Berichterstattung über den Streik war doch
überall recht ausführlich und wurde auch in
bürgerlichen Blättern mit der Zeit freundlicher. Was ist
der entscheidende Unterschied?
Die Streikaktivisten haben erreicht, daß die Probleme nicht
mehr totgeschwiegen werden können, aber Bildungsministerin
Annette Schavan versucht ja nun, die Bewegung so darzustellen, als
stünde sie hinter ihr und wolle ihr bei der Umsetzung von
Reformen helfen. Gegen diese Vereinnahmung hilft auch ein Medium
wie die junge Welt, in dem die Kritik nicht verkürzt
dargestellt wird. Aber es kommt auch vor, daß wir eigene
Veranstaltungen mit junge Welt-Autoren als Referenten organisieren,
wie zum Beispiel mit Rainer Rupp zum 60. Jahrestag des
NATO-Militärbündnisses. Bei solchen Gelegenheiten werden
viele Probeabos bestellt.