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Aus: Ausgabe vom 28.11.2009, Seite 16 / Aktion

»Ich lasse mich von jW inspirieren«

Berliner Verlegerin holt sich Anregungen für ihre Arbeit aus der täglichen Zeitungslektüre. Ein Gespräch mit Simone Barrientos Krauss
Interview: Gitta Düperthal
Simone Barrientos Krauss
Simone Barrientos Krauss
Simone Barrientos Krauss betreibt den Verlag »Kulturmaschinen« in Berlin, kennt die junge Welt noch aus DDR-Zeiten

Sie lesen die junge Welt auch deshalb, weil sie Berichte veröffentlicht, die Sie bei Ihrer Tätigkeit als Verlegerin inspirieren – wie muß man das verstehen?

Die Zeitung ist interessant, weil sie Autorinnen und Autoren aus der DDR und deren Kultur nicht negiert – anders als bürgerliche Medien, die alles, was aus der DDR kam, totschweigen und unter den Teppich kehren. Man tut so, als hätte es gar keine Kultur gegeben. Das ist zum einen nicht wahr; und zum anderen eine Sauerei. Ich versuche mit meiner Arbeit dagegen zu halten, indem ich unter anderem DDR-Autoren verlege, zum Beispiel Peter Abraham, der früher eine Millionenauflage im Kinderbuchbereich hatte, aber auch Erwachsenen-Bücher schreibt. Zur Wendezeit wurden Werke, wie diese zwar gedruckt, aber dann eingestampft. Bei der jungen Welt kann ich mich darauf verlassen, daß nicht so getan wird, als hätte es all das gar nicht gegeben.

Welches Bild wird in den von Ihnen erwähnten bürgerlichen Blättern dargestellt?

Viele Nachrichten aus der DDR werden unterdrückt – werden sie erwähnt, dann nur so, wie sie in den Kram passen: Stets ist nur von DDR-Feinden oder Dissidenten die Rede. In der bürgerlichen Presse ist nicht denkbar, daß es DDR-Kulturschaffende gab, die zwar mit dem Staat nicht vollständig einverstanden waren, aber auch nicht dagegen kämpften – Künstler, die versucht haben, das System von innen zu ändern. Zum Beispiel der verstorbene DDR-Schriftsteller Erich Köhler, geboren 1928, Autor des Romans »Sture und das deutsche Herz«. Das Buch wurde nicht ausgeliefert. Die bürgerliche Presse hat ein Riesenthema aus seiner IM-Tätigkeit gemacht, aber seine Literatur totgeschwiegen. Dabei war Köhlers Wirken als IM vergleichbar mit der Heiner Müllers: Er hat keine Biographien zerstört.

In welcher Weise berichtet junge Welt anders?

Zum Beispiel vermerkt die junge Welt kritisch, wenn bei historischen Kunstausstellungen die Kunst der DDR außen vor bleibt. Auch die Lateinamerikapolitik wird völlig anders thematisiert als in bürgerlichen Medien, beispielsweise in den Berichten über Kuba und Venezuela. Mir ist wichtig, daß junge Welt gelesen wird, damit diese andere Sichtweise wahrgenommen wird.


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