Keine Einigung über Entschädigungen
Von jW/AP/ddpADNÜber eine deutsche Entschädigung für osteuropäische Opfer des nationalsozialistischen Massenmordes an den Juden gibt es vorerst keine Einigung. Nach einem Gespräch mit Vertretern der Jewish Claims Conference sagte Kanzleramtsminister Friedrich Bohl am Mittwoch in Bonn, bislang gebe es »noch keine Festlegung«. Eine gemeinsame Kommission von Vertretern der Bundesregierung und der jüdischen Organisation solle jetzt nach Lösungsmöglichkeiten suchen und innerhalb von drei Monaten Empfehlungen vorlegen.
Zu den Forderungen der jüdischen Organisationen gehört eine monatliche Rente für die auf noch rund 20 000 bis 40 000 geschätzten osteuropäischen Überlebenden des Holocaust. »Wir wollen eine schnelle Lösung«, sicherte Bohl zu. Bei dem Treffen im Bonner Kanzleramt seien zwar mögliche Entschädigungsregelungen überlegt worden, »aber das ist noch in einem Stadium, daß darüber nichts weiter gesagt werden kann«. Auch die von der Jewish Claims Conference gewünschte Änderung der Anspruchsvoraussetzungen für die Entschädigung der Opfer aus anderen Ländern müsse noch weiter verhandelt werden.
Der Zentralrat der Juden in Deutschland hatte im Vorfeld an die Bundesregierung appelliert, zu Entschädigungszahlungen bereit zu sein. Zentralrats- Vorsitzender Ignatz Bubis betonte am Dienstag in einem Gespräch mit der Nachrichtenagentur ddpADN, schon »seit Jahren« werde hierüber verhandelt. Bis heute hätten aber die Betroffenen keine Zuwendungen erhalten. In einem Gespräch mit der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung, forderte Bubis zudem die Versicherungswirtschaft auf, freiwillig einen Fonds zu bilden, um Holocaust-Opfer zu entschädigen.
Unabhängig von der juristischen Auseinandersetzung um Altpolicen, die der nationalsozialistische Staat übernommen habe, seien die Versicherungen »moralisch in der Pflicht«. Trotz der Entschädigungen, die die Bundesrepublik als Rechtsnachfolgerin des NS-Staates geleistet habe, sei bei den Versicherungen finanziell »einiges hängengeblieben«, unterstrich Bubis. Analog zu den Schweizer Banken sollte die Versicherungswirtschaft jetzt in die Offensive gehen und »einen Good-Will-Fonds« gründen, forderte Bubis.
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