Aus: Ausgabe vom 23.12.2010, Seite 12 / Feuilleton
Den Fürsten keinen Pfennig!
Österreich muß deutsche Adelstitel nicht als
Namensbestandteil anerkennen. Das entschied am Mittwoch der
Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg im Fall einer
österreichischen Adoptivtochter der deutschen Adelsfamilie
Fürst von Sayn-Wittgenstein. Das Interesse Österreichs,
den Gleichheitsgrundsatz im Namensrecht umzusetzen, stehe über
den Persönlichkeitsrechten der adoptierten
»Fürstin«. In Österreich wie in Deutschland
haben nach dem Ersten Weltkrieg Adelstitel jede rechtliche
Bedeutung verloren. Während sie in Deutschland aber trotzdem
noch als Namensbestandteile fortgeführt werden, ist nach dem
österreichischen Adelsaufhebungsgesetz aus dem Jahr 1919 das
Führen von Adelstiteln im Namen verboten. 1991 adoptierte der
deutsche Lothar Fürst von Sayn-Wittgenstein eine
gebürtige Wienerin. Die damals bereits 47jährige Frau ist
Immobilienmaklerin und verkauft vorrangig Schlösser und
sogenannte Herrenhäuser. Sie behielt ihre österreichische
Staatsangehörigkeit bei, erwarb aber nach deutschem
Namensrecht nun den Namen Ilonka Fürstin von
Sayn-Wittgenstein. Die österreichischen Behörden
erkannten dies zunächst an und änderten ihr
Personanstandsregister entsprechend. 2003 entschied jedoch der
österreichische Verfassungsgerichtshof in einem ähnlichen
Fall, daß das Adelsaufhebungsgesetz als Ausfluß
des Gleichheitsgrundsatzes im Verfassungsrang steht und den Erwerb
deutscher Adelstitel auf dem Weg der Adoption nicht
zuläßt. Daraufhin wurden auch hier die Wörter
»Fürstin von« wieder aus dem Namen gestrichen.
Diese Praxis wurde vom EuGH bestätigt. Zwar gestand er der
vermeintlichen Fürstin zu, es sei problematisch, in zwei
Ländern unterschiedliche Namen zu führen, wertete aber
den Wunsch Österreichs, den Gleichheitsgrundsatz auch bei den
Namen durchzusetzen, höher. Auch die Rechtsordnung der
Europäischen Union ziele darauf ab, »den
Gleichheitsgrundsatz als allgemeinen Rechtsgrundsatz zu
wahren«. (AFP/jW)
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