Rosa-Luxemburg-Konferenz am 11.01.2025
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Aus: Ausgabe vom 15.07.2011, Seite 3 / Schwerpunkt

Hintergrund: Humboldt-Uni nach 1990

Vom November 1989 bis zum 3. Oktober 1990 hatte in der Humboldt-Universität ein Runder Tisch unter Teilnahme von Studenten, Mitarbeitern und Professoren getagt. Gemeinsam mit dem Akademischen Senat bereitete er ein Universitätsstatut vor, das vom Konzil der Universität mit Zwei-Drittel-Mehrheit angenommen wurde. Es sah u. a. Wahlen zu allen Gremien vor. Am 3. April 1990 wählte das Konzil den Theologen Heinrich Fink als einen von vier Kandidaten mit 72 Prozent der Stimmen zum Rektor. Unmittelbar danach setzte in den Medien des Westens eine Kampagne gegen ihn ein, die am 21. Januar 1992 in seiner Entlassung durch den damaligen Berliner Wissenschaftssenator Manfred Erhardt (CDU) – einen Zögling des Nazi-Marinerichters und baden-württembergischen Ministerpräsidenten Hans Filbinger – gipfelte. Alle Bestrebungen, Veränderungen an der Universität selbstbestimmt durchzusetzen, wurden vom Westberliner Senat und seinen Ostberliner Helfern torpediert. Das Resultat war, daß über 3000 Mitarbeiter in den ersten 90er Jahren vor allem mit dem Instrument der Abwicklung, das die Nazis 1937 an die Stelle des Fremdworts »Liquidation« gesetzt hatten, entfernt und zumeist arbeitslos wurden.

Anfang Dezember 1990 behauptete die damalige Wissenschaftssenatorin Barbara Riedmüller-Seel (SPD), die Erneuerung gehe nicht zügig voran, weil die Fachbereiche Rechtswissenschaften, Erziehungswissenschaft, Geschichte, Philosophie und Wirtschaftswissenschaft von »belastetem« Personal dominiert seien. Sie müßten abgewickelt werden. Als sich an der Universität Protest regte, erklärte sie, es gebe keine konkreten Abwicklungspläne. Das war gelogen. Die Studierenden der Universität gingen mit Demonstrationen, Besetzungen und Mahnwachen gegen die Absichten des Senats vor. Am 31. 12. 1990 klagte Fink formell gegen den vier Tage zuvor übermittelten Senatsbeschluß zu Abwicklung und erreichte damit eine Aufschiebung. Ein Marsch von Berliner Studierenden nach Leipzig, der am 1. Januar 1991 begann, stieß zwar auf viel Sympathie in der Bevölkerung, die Leitungen anderer Hochschulen reagierten aber abweisend.

Nachfolgerin Finks wurde die Politikerin der Partei Bündnis90/Die Grünen, Marlis Dürkop, die in kürzester Frist Tausende Entlassungen vornahm. Symbolische Krönung ihrer Tätigkeit war die Verleihung der ersten Ehrendoktorwürde der Universität nach 1990 an den Gründungsdekan der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät Wilhelm Krelle (1916–2004), im Zweiten Weltkrieg Kommandeur einer SS-Division und Duchhaltekrieger. Die Universität sah darin keinen Anlaß, ihm die Ehrendoktorwürde wieder abzuerkennen.

(asc)

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