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Aus: Ausgabe vom 10.09.2011, Seite 16 / Aktion

Abonnieren geht über probieren

Von Arnold Schölzel
Das »verkorkste Weltbild«, das CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe nach dem 13. August junge Welt attestierte, findet sich zwar nicht komplett in jeder Ausgabe, aber die Tendenz ist da. Gröhe, dem beim Erinnern an den 11. September »Schmerz und Verständnislosigkeit über das grauenvolle Verbrechen« erfassen, findet kein Wort für die Opfer der Kriege in Afghanistan und Irak. Er erklärt dagegen nach der Kette von Angriffskriegen, nach Abu Ghraib und Guantánamo: »Uns einen die gemeinsamen Wertvorstellungen von Demokratie, Toleranz, Respekt und Menschenwürde, die wir gerade auch im Angesicht des internationalen Terrorismus verteidigen müssen.« Das ist nicht verkorkst, das ist Verhöhnung der Folter- und Kriegsopfer der USA und der übrigen »Wertegemeinschaft«. junge Welt hat laut einer Studie als erstes deutschsprachiges Medium über das US-Foltergefängnis Abu Ghraib berichtet – ein halbes Jahr, bevor andere damit groß aufmachten. Das hat mit dem Weltbild zu tun: Kapitalismus, Krieg und dessen Scheußlichkeiten gehören aus unserer Sicht zusammen. Das soll nicht von Unrecht und Menschenrechtsverletzungen in sogenannten oder wirklichen Diktaturen ablenken, es hält fest, was in der Zeit gerade der Völkerrechtler Reinhard Merkel konstatiert: Nicht diese, sondern die westlichen Kriegsmächte gefährden die internationale Sicherheit, die Menschenrechte von Millionen und das Leben Hunderttausender.

Der Krawall um den jW-Titel vom 13. August hat hier seinen Hintergrund. Oder ist es Zufall, daß diejenigen in Die Linke, die einen Anzeigenboykott oder sonstige Verbote erwirken möchten, dieselben sind, die die Antikriegshaltung der Partei seit Jahren in Frage stellen? Ist es Zufall, daß junge Welt wegen ihrer Antikriegshaltung an die »Schwelle des Linksterrorismus« (Niedersachsens CDU-Innenminister Uwe Schünemann) gerückt wird? Es geht um Einschränkung von Pressefreiheit.


Wenn Sie dem etwas entgegensetzen möchten: Probieren Sie junge Welt nicht nur, abonnieren Sie. Eine andere Finanzierungsquelle hat diese Zeitung faktisch nicht. Was wir zu berichten haben, ist zumeist unerfreulich, Realsatire à la Gröhe verschweigt jW allerdings auch nicht.

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Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.

In unseren Augen ist das Urteil eine Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit in der Bundesrepublik. Aber auch umgekehrt wird Bürgerinnen und Bürgern erschwert, sich aus verschiedenen Quellen frei zu informieren.

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Leserbriefe zu diesem Artikel:

  • E.Rasmus: Weltgeschichtliche Zusammenhänge Ich darf ergänzen. Der 11. September vor 38 Jahren, wo in Chile ein von der CIA und maßgeblich durch ITT beeinflußter, blutiger Putsch der US-hörigen Militärs unter dem faschistischen General Pinochet...