Aus: Ausgabe vom 15.10.2011, Seite 16 / Aktion
Eigentlich unglaublich
Von Verlag, Redaktion, GenossenschaftDie Feststellung der jungen Welt, daß die Mauer (bzw. die auch durch sie stabilisierten Macht- und Kräfteverhältnisse) unter anderem dankenswerterweise viele Jahre Kriegseinsätze mit deutscher Beteiligung verhindert habe, wurde von diesen Medien hingegen voller Empörung als menschenverachtend gegeißelt. Und Boykottaufrufe gegen die junge Welt kommen nicht zufällig von jenen aus der Linkspartei, die sich heute gegen eine generelle Ablehnung deutscher Militäreinsätze wenden und eine »Einzelfallprüfung« fordern. Deutsche Kriegsbeteiligung: »Eigentlich unglaublich, daß ihnen das immer wieder gelingt«, bemerkte Degenhardt schon damals.
Der Meister hat aber auch zu vielen anderen Fragen einen klaren analytischen Blick und setzt bis heute Maßstäbe für einen alternativen Kulturbetrieb. Anläßlich seines 80. Geburtstages am 3. Dezember 2011 wird Universal vier CDs mit einer Auswahl aus dem reichhaltigen Liedwerk des Künstlers herausgeben. Mit einer Auswahl begnügt sich der Verlag Kulturmaschinen nicht: Die komplette Degenhardt-Werkausgabe mit allen Romanen und sämtlichen Liedtexten soll in den nächsten Jahren in zehn Büchern erscheinen. Die Reihe startet auf der diesjährigen Frankfurter Buchmesse mit den beiden Klassikern »Zündschnüre« und »Brandstellen«.
Die jungeWelt wird in Zusammenarbeit mit der Musikzeitschrift melodie&rhythmus und dem Berliner Ensemble am 19. Dezember ein Konzert im Brecht-Theater zu Ehren von Franz Josef Degenhardt veranstalten. Künstlerinnen und Künstler aus Ost und West werden jeweils ein Lied von ihm sowie ein eigenes vortragen. Hannes Wader, Kai und Jan Degenhardt, Frank Viehweg, Konstantin Wecker, Barbara Thalheim, Wiglaf Droste, Dota Kehr (Kleingeldprinzessin) werden unter anderen dabeisein. Der Kartenvorverkauf läuft ab Mitte November über das Berliner Ensemble, Bestellungen sind dann auch über das Internet möglich. Wir möchten unsere Leserinnen und Leser schon heute darauf orientieren und empfehlen, sich möglichst rasch eine Karte zu sichern.
Solidarität jetzt!
Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.
In unseren Augen ist das Urteil eine Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit in der Bundesrepublik. Aber auch umgekehrt wird Bürgerinnen und Bürgern erschwert, sich aus verschiedenen Quellen frei zu informieren.
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