Aus: Ausgabe vom 31.05.2012, Seite 3 / Schwerpunkt
Kriegsappell: »BHL« macht wieder mobil
Nach seinem erfolgreichen Aufruf im vergangenen Jahr an den damaligen französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy, in Libyen an der Seite der Aufständischen militärisch zu intervenieren, hat der französische Kriegsaktivist Bernard-Henri Lévy, kurz BHL, nun in einem offenen Brief den neuen französischen Präsidenten François Hollande eindringlich aufgefordert, in Syrien die »Initiative« zu ergreifen. Der Kriegsappell wurde am Mittwoch in zahlreichen Medien veröffentlicht. Die Agentur dapd verbreitete das Schreiben in deutscher Übersetzung auszugsweise:
Jetzt, da es an mir ist, will ich Ihnen eine direkte Frage stellen: Wird Frankreich dasselbe für Hula und Homs tun, was es für Bengasi und Misrata getan hat? Werden Sie Ihre erhebliche persönliche Glaubwürdigkeit und die unseres Landes dazu nutzen, sich erneut an unsere Verbündeten von damals zu wenden und mit ihnen, mit Großbritannien, den USA, der Arabischen Liga und der Türkei, eine Strategie entwerfen, die über die (…) »unerschütterliche Unterstützung für die Annan-Mission« hinaus geht? (…)
Ich weiß, Herr Präsident, Sie müssen sich um andere dringende Dinge kümmern, andere Tagesordnungspunkte, Verpflichtungen, die sie eingegangenen sind und die Sie einhalten müssen. Aber was war das Dringendste – nach Afghanistan zu reisen und den erwarteten Rückzug unserer Soldaten vorzubereiten oder in Syrien die Initiative zu ergreifen?
Was ist das Wichtigste – eine Gehaltskürzung Ihrer Minister bekanntzugeben und das Einfrieren der Benzinpreise oder beim Sicherheitsrat eine Resolution einzubringen, die die Bombardierung schußbereiter Panzer an den Stadträndern autorisiert? Stellen Sie die deutsch-französische Bindung sicher, lassen Sie Angela Merkel Sie besser kennenlernen, retten Sie den Euro, das sind wichtige Verpflichtungen – aber ein Volk zu retten? Und inwieweit halten Sie die dramatischen Ereignisse in Griechenland davon ab, wie Ihr Vorgänger den Telefonhörer abzunehmen, um Ihre russischen und chinesischen Amtskollegen davon zu überzeugen, daß deren blinde Unterstützung des syrischen Staatsterrorismus sie entehrt und schwächt? (…)
Sie schienen im besonderen die Einstellung zu teilen, daß Assad nicht stärker ist, als Ghaddafi es einmal war – und daß in Wirklichkeit seine Macht von unserer Enthaltung, unserer Laisser-Faire-Einstellung, unserer Feigheit abhängt. Das war einer der Gründe, weswegen ich für Sie gestimmt habe.
Ich hoffe, ich habe mich nicht getäuscht. Wie einer der maskierten syrischen Kämpfer sagte: Wir sollten uns nicht vor diesem Papiertiger fürchten.
Jetzt, da es an mir ist, will ich Ihnen eine direkte Frage stellen: Wird Frankreich dasselbe für Hula und Homs tun, was es für Bengasi und Misrata getan hat? Werden Sie Ihre erhebliche persönliche Glaubwürdigkeit und die unseres Landes dazu nutzen, sich erneut an unsere Verbündeten von damals zu wenden und mit ihnen, mit Großbritannien, den USA, der Arabischen Liga und der Türkei, eine Strategie entwerfen, die über die (…) »unerschütterliche Unterstützung für die Annan-Mission« hinaus geht? (…)
Ich weiß, Herr Präsident, Sie müssen sich um andere dringende Dinge kümmern, andere Tagesordnungspunkte, Verpflichtungen, die sie eingegangenen sind und die Sie einhalten müssen. Aber was war das Dringendste – nach Afghanistan zu reisen und den erwarteten Rückzug unserer Soldaten vorzubereiten oder in Syrien die Initiative zu ergreifen?
Was ist das Wichtigste – eine Gehaltskürzung Ihrer Minister bekanntzugeben und das Einfrieren der Benzinpreise oder beim Sicherheitsrat eine Resolution einzubringen, die die Bombardierung schußbereiter Panzer an den Stadträndern autorisiert? Stellen Sie die deutsch-französische Bindung sicher, lassen Sie Angela Merkel Sie besser kennenlernen, retten Sie den Euro, das sind wichtige Verpflichtungen – aber ein Volk zu retten? Und inwieweit halten Sie die dramatischen Ereignisse in Griechenland davon ab, wie Ihr Vorgänger den Telefonhörer abzunehmen, um Ihre russischen und chinesischen Amtskollegen davon zu überzeugen, daß deren blinde Unterstützung des syrischen Staatsterrorismus sie entehrt und schwächt? (…)
Sie schienen im besonderen die Einstellung zu teilen, daß Assad nicht stärker ist, als Ghaddafi es einmal war – und daß in Wirklichkeit seine Macht von unserer Enthaltung, unserer Laisser-Faire-Einstellung, unserer Feigheit abhängt. Das war einer der Gründe, weswegen ich für Sie gestimmt habe.
Ich hoffe, ich habe mich nicht getäuscht. Wie einer der maskierten syrischen Kämpfer sagte: Wir sollten uns nicht vor diesem Papiertiger fürchten.
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