Aus: Ausgabe vom 20.10.2012, Seite 3 / Schwerpunkt
Massaker ohne Folgen
Kurz vor dem ersten Todestag von Libyens früherem Staatschef Muammar Al-Ghaddafi hat die US-Organisation »Human Rights Watch« (HRW) neue Beweise dafür vorgelegt, daß dieser nach seiner Festnahme in Sirte von Rebellen ermordet wurde (siehe auch jW vom 18. Oktober). Die Gruppe dokumentiert in dem in dieser Woche veröffentlichten Bericht »Tod eines Diktators: Blutige Rache in Sirte« zudem ein Massaker an mindestens 66 Mitgliedern des Konvois, in dem Ghaddafi am 20. Oktober 2011 nach einem NATO-Luftangriff in seiner Heimatstadt gefaßt worden war.
HRW beruft sich in dem 50seitigen Bericht auf Aussagen von Rebellen und Überlebenden des Massakers sowie auf Aufnahmen von Handykameras. Die Anhänger Ghaddafis seien entwaffnet, geschlagen und schließlich nahe des Hotels Mahari erschossen worden. Einige hätten die Hände hinter dem Rücken gefesselt gehabt, konstatiert HRW. Auf einem Video sei Ghaddafi nach seiner Gefangennahme zunächst lebend mit einer blutenden Wunde am Kopf zu sehen. Zudem schien er durch ein Bajonett am Gesäß verletzt worden zu sein – vor einem Jahr hatte es Berichte gegeben, er sei mit einer Eisenstange gepfählt worden. Als Ghaddafi später halb nackt in einen Krankenwagen gebracht wurde, erschien er laut HRW leblos. Zu seinem Sohn Mutassim fand HRW Aufnahmen, auf denen er nach seiner Festnahme rauchend in einem Streit mit Rebellen in Misrata zu sehen ist. Wenige Stunden später sei jedoch seine Leiche mit einer neuen Wunde am Hals gefunden worden.
Nach Angaben von Human Rights Watch wurden die Beweise kurz nach den Morden an die Behörden übergeben mit der Forderung, eine vollständige und unabhängige Untersuchung einzuleiten. Bei den Verbrechen handle es sich um Kriegsverbrechen, betonte HRW. Anläßlich des Jahrestags mahnte Peter Bouckaert von HRW erneut eine Untersuchung an. »Diese Massenhinrichtungen vom 20. Oktober 2011 sind die schwersten Verbrechen der Oppositionskräfte« in dem achtmonatigen Konflikt. Sollten sich die libyschen Behörden weiter weigern, werde HRW den Internationalen Strafgerichtshof einschalten. Die Rolle der die Aufständischen unterstützenden NATO wird nicht weiter problematisiert und soll offensichtlich nicht geahndet werden.
(jW)
HRW beruft sich in dem 50seitigen Bericht auf Aussagen von Rebellen und Überlebenden des Massakers sowie auf Aufnahmen von Handykameras. Die Anhänger Ghaddafis seien entwaffnet, geschlagen und schließlich nahe des Hotels Mahari erschossen worden. Einige hätten die Hände hinter dem Rücken gefesselt gehabt, konstatiert HRW. Auf einem Video sei Ghaddafi nach seiner Gefangennahme zunächst lebend mit einer blutenden Wunde am Kopf zu sehen. Zudem schien er durch ein Bajonett am Gesäß verletzt worden zu sein – vor einem Jahr hatte es Berichte gegeben, er sei mit einer Eisenstange gepfählt worden. Als Ghaddafi später halb nackt in einen Krankenwagen gebracht wurde, erschien er laut HRW leblos. Zu seinem Sohn Mutassim fand HRW Aufnahmen, auf denen er nach seiner Festnahme rauchend in einem Streit mit Rebellen in Misrata zu sehen ist. Wenige Stunden später sei jedoch seine Leiche mit einer neuen Wunde am Hals gefunden worden.
Nach Angaben von Human Rights Watch wurden die Beweise kurz nach den Morden an die Behörden übergeben mit der Forderung, eine vollständige und unabhängige Untersuchung einzuleiten. Bei den Verbrechen handle es sich um Kriegsverbrechen, betonte HRW. Anläßlich des Jahrestags mahnte Peter Bouckaert von HRW erneut eine Untersuchung an. »Diese Massenhinrichtungen vom 20. Oktober 2011 sind die schwersten Verbrechen der Oppositionskräfte« in dem achtmonatigen Konflikt. Sollten sich die libyschen Behörden weiter weigern, werde HRW den Internationalen Strafgerichtshof einschalten. Die Rolle der die Aufständischen unterstützenden NATO wird nicht weiter problematisiert und soll offensichtlich nicht geahndet werden.
(jW)
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