Aus: Ausgabe vom 25.06.2013, Seite 15 / Betrieb & Gewerkschaft
Konfrontation statt Kooperation
Die Glückwünsche für Martin Kannegießer zu dessen 70. Geburtstag im Jahr 2011 klangen sehr wohlmeinend. Die Gratulanten bescheinigten dem Gesamtmetall-Präsidenten, ein Visionär zu sein, einer, der auf Kooperation statt auf Konfrontation setze und für eine »faire, verläßliche Tarifpolitik« stehe. Wären doch nur alle Chefs so wie Kannegießer, seufzte der Verfasser. Veröffentlicht hat diesen Panegyricus auf den Mann von der Kapitalseite die IG Metall. Das Glückwunschschreiben ist Symptom. Der IG Metall scheint der Widerspruch zwischen Kapital und Arbeit gänzlich abhanden gekommen zu sein.
Renate Münder hat sich dieses Problems in einer Broschüre angenommen, die jetzt in der Schriftenreihe »Konsequent« der Berliner DKP erschienen ist. »Gewerkschaften in der Krise« lautet der doppeldeutige Titel. In der Schrift läßt die Autorin die Tarifpolitik von IG Metall und ver.di seit Beginn der Weltwirtschaftskrise Revue passieren. Von Anfang an sah sich die Industriegewerkschaft in der Rolle des Krisenmanagers und setzte auf Co-Management und Korporatismus. Ver.di hingegen startete mit der Forderung »kein Lohnverzicht in der Krise« als Tiger und landete unter dem Druck des Tarifabschlusses 2010 als Bettvorleger. Obwohl im »verlorenen Jahrzehnt« zwischen 2001 und 2011 laut Bericht der Internationalen Arbeitsorganisation die Reallöhne in der BRD im Durchschnitt um 4,5 Prozent zurückgingen, blieb trotz Rekordgewinnen 2011 die Gewerkschaftspolitik auch 2012 defensiv. »Als Ergebnis müssen wir festhalten: Gewinne für das deutsche Kapital, Verluste für die deutsche Arbeiterklasse und die der EU-Länder der Peripherie«, bilanziert Münder. An die Stelle des Klassenkampfs trete das Co-Management und die Bittstellerei an die Regierung. Zustimmend zitiert sie, was der ehemalige Vorsitzende der IG Medien, Detlef Hensche, dieser Zeitung in einem Interview vor einem Jahr sagte: »Den Staat um Hilfe zu rufen, ist geradezu antigewerkschaftlich.«
Entscheidend bleibt die Frage, wie diese Verzichtspolitik zu durchbrechen sei. Als einen unverzichtbaren Ansatzpunkt nennt Münder, den Grundwiderspruch von Kapital und Arbeit in die Vertrauensleutegremien hineinzutragen, wobei an konkrete betriebliche und gewerkschaftliche Probleme und Ziele angeknüpft werden müsse. »Die Stärkung bzw. der Aufbau von Vertrauensleutekörpern oder ver.di Betriebsgruppen, wo diese Verbindung von betrieblichem, gewerkschaftlichem Kampf und theoretischer Bildung möglich ist, ist unerläßlich für die Entwicklung einer klassenkämpferischen Gewerkschaftspolitik«. (brat)
Renate Münder hat sich dieses Problems in einer Broschüre angenommen, die jetzt in der Schriftenreihe »Konsequent« der Berliner DKP erschienen ist. »Gewerkschaften in der Krise« lautet der doppeldeutige Titel. In der Schrift läßt die Autorin die Tarifpolitik von IG Metall und ver.di seit Beginn der Weltwirtschaftskrise Revue passieren. Von Anfang an sah sich die Industriegewerkschaft in der Rolle des Krisenmanagers und setzte auf Co-Management und Korporatismus. Ver.di hingegen startete mit der Forderung »kein Lohnverzicht in der Krise« als Tiger und landete unter dem Druck des Tarifabschlusses 2010 als Bettvorleger. Obwohl im »verlorenen Jahrzehnt« zwischen 2001 und 2011 laut Bericht der Internationalen Arbeitsorganisation die Reallöhne in der BRD im Durchschnitt um 4,5 Prozent zurückgingen, blieb trotz Rekordgewinnen 2011 die Gewerkschaftspolitik auch 2012 defensiv. »Als Ergebnis müssen wir festhalten: Gewinne für das deutsche Kapital, Verluste für die deutsche Arbeiterklasse und die der EU-Länder der Peripherie«, bilanziert Münder. An die Stelle des Klassenkampfs trete das Co-Management und die Bittstellerei an die Regierung. Zustimmend zitiert sie, was der ehemalige Vorsitzende der IG Medien, Detlef Hensche, dieser Zeitung in einem Interview vor einem Jahr sagte: »Den Staat um Hilfe zu rufen, ist geradezu antigewerkschaftlich.«
Entscheidend bleibt die Frage, wie diese Verzichtspolitik zu durchbrechen sei. Als einen unverzichtbaren Ansatzpunkt nennt Münder, den Grundwiderspruch von Kapital und Arbeit in die Vertrauensleutegremien hineinzutragen, wobei an konkrete betriebliche und gewerkschaftliche Probleme und Ziele angeknüpft werden müsse. »Die Stärkung bzw. der Aufbau von Vertrauensleutekörpern oder ver.di Betriebsgruppen, wo diese Verbindung von betrieblichem, gewerkschaftlichem Kampf und theoretischer Bildung möglich ist, ist unerläßlich für die Entwicklung einer klassenkämpferischen Gewerkschaftspolitik«. (brat)
Renate Münder: Gewerkschaften in der Krise, Konsequent – Schriftenreihe der Deutschen Kommunistischen Partei, Landesorganisation Berlin, Ausgabe 1/2013
Ähnliche:
- 21.09.2012
Mehr Personal soll her
- 19.06.2012
Protestauftakt
- 25.05.2012
Diskussionsbedarf
Regio:
Mehr aus: Betrieb & Gewerkschaft
-
Kapitalfreundliches Urteil
vom 25.06.2013 -
DGB »tarifunfähig«?
vom 25.06.2013