Aus: Ausgabe vom 03.08.2013, Seite 16 / Aktion
Nicht stark genug
Von Dietmar Koschmieder
Seit Jahren hebt ein Barmen und Jammern an, wenn die Informationsgemeinschaft zur Feststellung der Verbreitung von Werbeträgern e.V. (IVW) die aktuellen Zahlen ihrer vierteljährlichen IVW-Statistik veröffentlicht. Dort kann man die Entwicklung der Verkäufe von Tageszeitungen verfolgen, so auch aller überregionaler – mit Ausnahme der jungen Welt, die nicht Mitglied und damit nicht gelistet ist. So ganz leicht ist die Entschlüsselung der Statistik allerdings nicht. Nachdem nun auch die taz festgestellt hat, daß »immer mehr Leser nicht mehr interessiert sind an den täglichen (…) Informationen über Politik, Umwelt oder Gesellschaft« und deshalb ihre Bemühungen vor allem darauf gerichtet hat, die Wochenendausgabe aufzublasen und Wochenendabos einzuwerben (»taz wird dick und gemütlich«), macht es Sinn, nicht die Statistik der Gesamtzahlen Montag bis Samstag, sondern die der Aboverkäufe von Montag bis Freitag anzuschauen: Nur dort nämlich findet man die Zahl der Vollabonnements, weil die Wochenendabos unberücksichtigt bleiben. Allerdings sollte man von den veröffentlichten Montag-Freitag-Zahlen dann noch die gemeldeten Onlineabos abziehen, weil diese seit dem 2. Quartal 2012 in der Gesamtzahl enthalten sind (allerdings daneben gesondert aufgeführt werden). Erst jetzt kann man durch Vergleich ermitteln, wie sich der Bestand an Printvollabos tatsächlich entwickelt hat.
Die veröffentlichten Verkaufszahlen verschlechtern sich seit weit über einem Jahrzehnt deutlich. Vom zweiten Quartal 2003 sank der Gesamtverkauf bis zum zweiten Quartal 2013 von 26,8 auf 20,6 Millionen Exemplaren. Und ein Ende dieser Talfahrt ist noch nicht absehbar, wie ein Blick auf die Entwicklung bei den überregionalen Tageszeitungen zeigt: Vergleicht man die Zahlen aus dem zweiten Quartal 2011 mit den aktuellen Zahlen aus dem zweiten Quartal 2013 nach dem oben dargestellten Muster, kann man ausrechnen, wie viele Vollabos die Zeitungen innerhalb der letzten zwei Jahre abgeben mußten. Angeführt wird das Feld von der taz, die 11,6 Prozent verlor, dicht gefolgt vom Neuen Deutschland mit einem Rückgang von 11,2 Prozent. Der Printabobestand von Süddeutsche und Die Welt (inklusive Welt Kompakt) verminderte sich jeweils um 7,9 Prozent. Von den Überregionalen konnte das Handelsblatt in diesem Zeitraum zulegen – und zwar um 4,8 Prozent. Das ist aber auch nur auf den ersten Blick überraschend, weil das Handelsblatt nach der Einstellung der Financial Times Deutschland 2012 deren Abobestand übernommen hat. Viel ist davon offensichtlich nicht übriggeblieben. Die Tageszeitung junge Welt konnte den Printabobestand im Vergleichszeitraum um 8,3 Prozent steigern.
Beim Einzelverkauf am Kiosk (ebenfalls von Montag bis Freitag) sieht die Lage nicht viel anders aus. In den letzten zwei Jahren (Vergleichszeitraum siehe oben) verlor Springers Welt (inklusive Welt Kompakt) 20,8 Prozent der Einzelverkäufe, die taz 16,3, die Süddeutsche 10,0, Neues Deutschland 9,3 und die FAZ 9,3 Prozent, das Handelsblatt ein Prozent. Die junge Welt konnte im Vergleichszeitraum um 4,3 Prozent zulegen.
Wer Zeitung vor allem macht, um mit dem Werbeträger Gewinne zu erzielen, kann sich zu Recht Sorgen machen. In den letzten Jahren versuchte man, die Rückgänge im Verkauf unter anderem durch Verteuerung des Abo- und Einzelverkaufspreises auszugleichen. Weitere Sparmaßnahmen wurden durchgezogen, oft auf Kosten der journalistischen Qualität und Vielfalt. Hier ist aber kaum noch Spielraum, weshalb Zeitungen eingestellt oder verkauft werden. Dabei handelt es sich allerdings eher um finale Panikreaktionen denn um eine durchdachte Strategie. Den skizzierten Gesamttrend halten die großen Zeitungsverlage offensichtlich nicht mehr für umkehrbar und suchen ihre Profite künftig irgendwo in digitalen Weiten zu realisieren.
Die junge Welt versucht mit bescheidenen Mitteln und anderen Inhalten, einen eigenen Weg zu gehen. Zwar konnte sie in den letzten Jahren entgegen den Trends und als einzige überregionale Tageszeitung den Verkauf der Printausgabe steigern – allerdings im Vergleich zu den anderen von deutlich niedrigerem Niveau aus. Um anstehende Aufgaben lösen und sich auf dem Markt halten zu können, muß dieser positive Trend nicht nur gehalten, sondern gesteigert werden. Daß dies möglich ist, haben die letzten Aktionen bewiesen. Auch in Zukunft wird das allerdings ohne die aktive Unterstützung durch die Leserinnen und Leser nicht funktionieren.
Die veröffentlichten Verkaufszahlen verschlechtern sich seit weit über einem Jahrzehnt deutlich. Vom zweiten Quartal 2003 sank der Gesamtverkauf bis zum zweiten Quartal 2013 von 26,8 auf 20,6 Millionen Exemplaren. Und ein Ende dieser Talfahrt ist noch nicht absehbar, wie ein Blick auf die Entwicklung bei den überregionalen Tageszeitungen zeigt: Vergleicht man die Zahlen aus dem zweiten Quartal 2011 mit den aktuellen Zahlen aus dem zweiten Quartal 2013 nach dem oben dargestellten Muster, kann man ausrechnen, wie viele Vollabos die Zeitungen innerhalb der letzten zwei Jahre abgeben mußten. Angeführt wird das Feld von der taz, die 11,6 Prozent verlor, dicht gefolgt vom Neuen Deutschland mit einem Rückgang von 11,2 Prozent. Der Printabobestand von Süddeutsche und Die Welt (inklusive Welt Kompakt) verminderte sich jeweils um 7,9 Prozent. Von den Überregionalen konnte das Handelsblatt in diesem Zeitraum zulegen – und zwar um 4,8 Prozent. Das ist aber auch nur auf den ersten Blick überraschend, weil das Handelsblatt nach der Einstellung der Financial Times Deutschland 2012 deren Abobestand übernommen hat. Viel ist davon offensichtlich nicht übriggeblieben. Die Tageszeitung junge Welt konnte den Printabobestand im Vergleichszeitraum um 8,3 Prozent steigern.
Beim Einzelverkauf am Kiosk (ebenfalls von Montag bis Freitag) sieht die Lage nicht viel anders aus. In den letzten zwei Jahren (Vergleichszeitraum siehe oben) verlor Springers Welt (inklusive Welt Kompakt) 20,8 Prozent der Einzelverkäufe, die taz 16,3, die Süddeutsche 10,0, Neues Deutschland 9,3 und die FAZ 9,3 Prozent, das Handelsblatt ein Prozent. Die junge Welt konnte im Vergleichszeitraum um 4,3 Prozent zulegen.
Wer Zeitung vor allem macht, um mit dem Werbeträger Gewinne zu erzielen, kann sich zu Recht Sorgen machen. In den letzten Jahren versuchte man, die Rückgänge im Verkauf unter anderem durch Verteuerung des Abo- und Einzelverkaufspreises auszugleichen. Weitere Sparmaßnahmen wurden durchgezogen, oft auf Kosten der journalistischen Qualität und Vielfalt. Hier ist aber kaum noch Spielraum, weshalb Zeitungen eingestellt oder verkauft werden. Dabei handelt es sich allerdings eher um finale Panikreaktionen denn um eine durchdachte Strategie. Den skizzierten Gesamttrend halten die großen Zeitungsverlage offensichtlich nicht mehr für umkehrbar und suchen ihre Profite künftig irgendwo in digitalen Weiten zu realisieren.
Die junge Welt versucht mit bescheidenen Mitteln und anderen Inhalten, einen eigenen Weg zu gehen. Zwar konnte sie in den letzten Jahren entgegen den Trends und als einzige überregionale Tageszeitung den Verkauf der Printausgabe steigern – allerdings im Vergleich zu den anderen von deutlich niedrigerem Niveau aus. Um anstehende Aufgaben lösen und sich auf dem Markt halten zu können, muß dieser positive Trend nicht nur gehalten, sondern gesteigert werden. Daß dies möglich ist, haben die letzten Aktionen bewiesen. Auch in Zukunft wird das allerdings ohne die aktive Unterstützung durch die Leserinnen und Leser nicht funktionieren.
Solidarität jetzt!
Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.
In unseren Augen ist das Urteil eine Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit in der Bundesrepublik. Aber auch umgekehrt wird Bürgerinnen und Bürgern erschwert, sich aus verschiedenen Quellen frei zu informieren.
Genau das aber ist unser Ziel: Aufklärung mit gut gemachtem Journalismus. Sie können das unterstützen. Darum: junge Welt abonnieren für die Pressefreiheit!
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