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Aus: Ausgabe vom 15.02.2014, Seite 16 / Aktion

junge Welt abfackeln

Anstelle notwendiger inhaltlicher Diskussion wird junge Welt ein Fehler um die Ohren gehauen
Von Dietmar Koschmieder
Um es gleich an erster Stelle zu sagen: Der jungen Welt ist ein schwerwiegender Fehler unterlaufen. In einem ansonsten präzisen Beitrag über Kampagnen gegen das Olympia-Gastgeberland Rußland von Klaus Huhn vom Freitag, 7.2.2014 kommt ein Satz vor, der in der jungen Welt so nicht hätte stehen dürfen: »Dem (Gastgeberland, D.K.) hatte man monatelang alles Mögliche ankreiden wollen bis hin zu der albernen Lüge, daß das russische Parlament, die Duma, Gesetze gegen Homosexuelle erlassen habe.« Völlig unerheblich, was damit eigentlich gemeint war: Dieser Satz ist falsch! Zwar gibt es kein russisches »Gesetz gegen Homosexuelle«, vielmehr aber ein Gesetz, das jegliche positive Äußerung über Homosexualität in Anwesenheit von Minderjährigen oder über Medien wie das Internet unter Strafe stellt. Das betrifft Homosexuelle wie Heterosexuelle, ist aber trotzdem ein Gesetz, das in erster Linie Homosexuelle diskriminiert und in ihrer Freiheit massiv behindert.

Die junge Welt hat nun gleich zweifach die Sorgfaltspflicht verletzt: Zum einen sollten falsche Fakten nicht in der Zeitung stehen (bzw. umgehend korrigiert werden, wenn es dennoch passiert). Zum anderen hätte man vor Drucklegung der Zeitung mit dem Autor reden müssen, der übrigens von sich aus erklärte, daß er mit der notwendigen Änderung in seinem Text einverstanden gewesen wäre. In der Internetausgabe haben wir den Fehler korrigiert und außerdem beschlossen, hier zum Vorgang Stellung zu nehmen und uns zu entschuldigen.

Daß dieser Fehler nicht nur von aufmerksamen Leserinnen und Lesern zu Recht kritisiert, sondern auch von politischen Gegnern dieser Zeitung aufgegriffen wird, ist nicht überraschend. Daß dabei öfters der eigentliche inhaltliche Aspekt des Artikels und damit die junge Welt diskreditiert werden soll, ebenfalls nicht. Auch die Schärfe, mit der dies geschieht, darf nicht verwundern: Ansonsten müssen Fehler der jungen Welt erfunden werden, leichter ist es natürlich, einen tatsächlichen für den Generalangriff zu nutzen. Und das geht dann so: Hetze! Drecksblatt! Wenn sie nur endlich mal Pleite wären! Schwachsinn, diese jW! Wirkliche politische Orientierung: Homophobie und Antisemitismus! Zu finden diesmal auf der Facebook-Seite von Klaus Lederer, immerhin Landesvorsitzender der Linkspartei in Berlin. Solche Töne kennt man bereits aus anderen Kampagnen gegen die junge Welt.


Einen Schritt weiter geht man dann aber doch auf der öffentlich zugänglichen Lederer-Seite. Ein Robert Niedermeier, der zunächst in Sachen Huhn-Artikel zur Zurückhaltung riet, gerät aufgrund der Berichterstattung der jungen Welt zu den aktuellen putschartigen Ereignissen in Caracas in der Freitagausgabe der jungen Welt außer Kontrolle und rät den Besuchern auf Klaus Lederers Facebook-Seite in Bezug auf die junge Welt: »Fackelt den linksbraunen Laden ab!« – mit seinem »like«-Zeichen stimmt Lederer dem ausdrücklich zu. Der Grund für den Zorn und seine Haltung zu Venezuela teilt uns dann Niedermeier in einem Leserbrief mit: »Warum verbreitet ihr Linksfaschos solche Lügen? Die Proteste begannen von unten, es waren auch keine Elitestudenten, sondern Studierende von öffentlichen Unis, die sich gegen Zensur, Unterdrückung, Staatsterror und Mißwirtschaft zur Wehr setzen. Wie könnt ihr euch als angeblich linkes Blatt nur auf die Seite des paranoiden Unrechtsregimes schlagen und die Proteste der Menschen verleumden? Was treibt euch an, reiner Menschenhaß? Mein Freund, der hier in Deutschland um seine Freunde in Caracas bangt, ist mit Sicherheit kein Agent der CIA. Ihr Flachpfeifen habt ab heute einen neuen Feind. Pfui. Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen, das gilt auch für euch Linksfaschisten.«

Der Vorgang zeigt: Haß dieser Art zieht die junge Welt nicht auf sich, weil sie einen Fehler gemacht hat. Sondern weil sie in Sachen Internationalismus und Frieden eine grundsätzliche Haltung einnimmt, die stört. Dieser Haß wächst mit Auflage und Einfluß der jungen Welt. Der Vorgang zeigt aber auch, daß wir uns Fehler der oben beschriebenen Art nicht leisten dürfen. Auch weil sie dazu genutzt werden, von der notwendigen inhaltlichen Diskussion abzulenken.

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Leserbriefe zu diesem Artikel:

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