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Kriegsverbrecher bleibt straffrei

»Mangelnde Beweise« für Mord aus niederen Beweggründen

Die Stuttgarter Staatsanwaltschaft hat ein Ermittlungsverfahren gegen den ehemaligen SS- Hauptsturmführer Aloys Gabrysch eingestellt. Wie Staatsanwalt Kurt Schrimm am Dienstag mitteilte, könne dem heute 87jährigen nicht nachgewiesen werden, daß er in den Jahren 1944/45 im slowenischen Maribor als Sondergerichts-Ankläger an der Verhängung und Vollstreckung von Todesurteilen beteiligt war.

Die Staatsanwaltschaft Stuttgart hatte wegen derselben Vorwürfe bereits 1986 ein später mangels Beweisen eingestelltes Verfahren gegen Gabrysch eingeleitet, der von 1965 bis 1970 Leiter der Kripo bei der Landespolizeidirektion Tübingen war.

Schrimm sagte, als 1993 bekannt geworden sei, daß in slowenischen Archiven bislang unzugängliche Unterlagen verwahrt wurden, seien die Ermittlungen erneut aufgenommen worden. Mit Unterstützung der slowenischen und österreichischen Behörden hätten Vertreter der Staatsanwaltschaft Stuttgart und des Landeskriminalamts Baden-Württemberg Einsicht in Archive beider Länder genommen und zahlreiche Zeugen in Maribor vernommen. Dem Ermittlungsergebnis zufolge sei Gabrysch zur Tatzeit Untersuchungsführer beim SS- und Polizeigericht Salzburg und mit großer Wahrscheinlichkeit Ankläger beim Sondergericht in Maribor, dem damaligen Marburg an der Drau, gewesen. Es sei davon auszugehen, daß er an der Verhängung und Vollstreckung zahlreicher Todesurteile mitgewirkt habe. Da alle übrigen Strafvorwürfe mittlerweile verjährt seien, komme eine strafrechtliche Ahndung heute nur noch für Mord und Beihilfe zum Mord in Betracht, sagte Schrimm. Dazu müßten einem Täter Rassenhaß oder sonstige niedrige Beweggründe nachgewiesen werden. Die Beweise könnten gegen Gabrysch nicht geführt werden.

AP/jW

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