Umdenken in der Dekoablage
»Umdenken im Kopf« lautete der Titel eines interessanten und spannenden Artikels auf Spiegel online, dessen Inhalt ich sofort nach dem Lesen wieder vergessen hatte.
Gut, dass man den Kopf als Sitz des Denkens nach Jahren wiederentdeckt. Denken mit dem Kopf war bis tief in die 80er Jahre hinein eine beliebte Beschäftigung und hatte in manchen Kreisen durchaus etwas von einer Routineprozedur. Gegen Ende dieses Jahrzehnts der grün-alternativen Zeitenwende identifizierte man den Kopf – und mit ihm das Gehirn – dann als Sitz des blinden Fortschrittsglaubens und damit als fürs Denken ungeeignet.
Fortan wurde mit Bauch, Herz, Leber, Milz und anderen Innereien gedacht, sofern sich diese in einem gesundheitlich unbedenklichen Zustand befanden. Vertreterinnen der Frauenbewegung hatten zusätzlich herausgefunden, dass Männer mit einem noch anderen Körperglied die Welt besser begreifen beziehungsweise von diesem zwangsgesteuert werden.
Seitdem diente der Kopf als nützliche Dekoablage für hässliche Beanies (Pudelmützen aus Fleece ohne Bommeln), Baseball-Caps. Wahlweise wird er zudem mit Nasen- und Ohrringen sowie Dreamcatchern behängt.
»Umdenken im Kopf« statt umdenken im Anus ist das »Back to the roots« von heute.
Dusan Deak
Mehr aus: Feuilleton
-
Nachschlag: Tristesse Dynamo
vom 29.09.2015 -
Umdenken in der Dekoablage
vom 29.09.2015 -
Vorschlag, mit knirschenden Tschähnen tschu schpreschen
vom 29.09.2015 -
Blut, Schweiß und Tingeltangel
vom 29.09.2015 -
On Air. Makabres
vom 29.09.2015 -
Vorschlag
vom 29.09.2015 -
Narben im Nacken, weit weg
vom 29.09.2015 -
Wirtschaft als das Leben selbst. Generation Gummischuh
vom 29.09.2015