Rechter Augenblick
Der griechische Dirigent Teodor Currentzis hat am Freitag abend bei einer Gala in Hamburg den mit 75.000 Euro dotierten diesjährigen Kairos-Preis der Alfred-Toepfer-Stiftung entgegengenommen. Der 44jährige Musikdirektor am Opern- und Ballettheater im russischen Perm sei »ein heiliger Künstler«, meinte US-Bühnenregisseur Peter Sellars in seiner Laudatio. »Wir ehren ihn dafür, dass er das Wunder in jedem Menschen, jedem Moment, jedem Ort und jeder Zeit erkennt.« Wie das griechische Theater der Antike kreiere Currentzis Schönheit, indem er auf Leid und Schrecken blicke. Damit heile er die Menschen. In der sibirischen Millionenstadt 1.000 Kilometer nordöstlich von Moskau leitet der Grieche mit russischem Pass das preisgekrönte Orchester MusicAeterna und den gleichnamigen, von ihm gegründeten Chor. Seine kommerzielle Zwänge missachtenden, oft genreübergreifenden Einspielungen etwa von Mozarts Da-Ponte-Zyklus finden weltweit mehr und mehr Beachtung.
Der Kairos-Preis ist der am höchsten dotierte Kulturpreis in Europa. Benannt ist er nach dem griechischen Gott des »rechten Augenblicks«. Die Stiftung, die ihn vergibt, hat eine beachtenswerte Nazivergangenheit. Gegründet wurde sie 1932 vom Kaufmann und Landwirt Alfred C. Toepfer als Stiftung F. V. S. (für den preußischen Reformer Freiherr vom Stein). Der Gründer und Namenspatron unterhielt freundschaftliche Beziehungen zu Joseph Goebbels. Bis 1976 gehörte mit Hans-Joachim Riec ke ein vormaliger Staatssekretär des Ernährungsministeriums der Nazis zum Stiftungsvorstand. Für die französische Theaterleiterin Ariane Mnouchkine waren diese Hintergründe 2005 noch Grund genug, die Annahme eines Preises der Stiftung zu verweigern. Sechs Jahre später bedankte sich die heutige Intendantin des Berliner Gorki-Theaters, Shermin Langhoff, artig für den Kairos-Preis. (dpa/jW)
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