Hysteria in Hamburg
Ich habe das Gefühl, dass die Gesellschaft zur Zeit politisiert ist«, sagte die Intendantin des Hamburger Schauspielhauses, Karin Beier (Foto), Ende voriger Woche bei der Vorstellung des Programms für die kommende Spielzeit. Zum Auftakt im September will Beier selbst »Hysteria – Gespenster der Freiheit« nach Luis Buñuel inszenieren. »Unser aller Untergang scheint längst ausgemacht, schuldig sind wahlweise der Finanzkapitalismus, Google, die syrischen Geflüchteten, der islamistische Terror, die Lügenpresse, Putin oder Populisten von der AfD«, teilte sie zur Begründung ihrer Wahl mit. Sie habe Angst vor dieser Hysterie. Desweiteren soll René Pollesch ein neues Stück über Überforderung unter dem Titel »Ich kann nicht mehr« entwickeln und Schorsch Kamerun eine »Oper zum Weglaufen«. Christoph Marthaler inszeniert frei nach Maxim Gorki »Sommergäste«, Herbert Fritsch eine komische Oper, inspiriert von Karl Valentin. Und dann gibt es noch Dokumentartheater der Gruppe Rimini Protokoll über Versuche, das menschliche Gehirn digital nachzubauen. »Theater sind ja nicht mehr Widerstandsorte, sondern längst Serviceunternehmen«, erklärte Frank Castorf, der scheidende Intendant der Berliner Volksbühne, an der die Regiekarrieren von Pollesch, Marthaler und Fritsch Fahrt aufnahmen, im Gespräch mit der Süddeutschen (Samstagausgabe). Anders als die Kollegin Beier hat Castorf »das Gefühl, dass Theater nur noch ein Betrieb ist, eine Anstalt, in der fast überall belanglose und dilettantische Stücke gespielt werden«. (dpa/jW)
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