Rote Sommerschule 2016
Feminismus ist ein weites Feld, könnte man mit Theodor Fontane sagen. In der Zeit der französischen bürgerlichen Revolution ab 1789 traten Frauen erstmals mit der Forderung nach Gleichstellung mit den Männern an die Öffentlichkeit. Eine war Olympe de Gouges, Autorin der berühmten »Erklärung der Rechte der Frau und Bürgerin« von 1791. Viele sind heute in den Industriestaaten durchgesetzt: das auf Beteiligung an Wahlen ebenso wie die volle Mündigkeit als Person. Selbst der uneingeschränkte Zugang zum Militär ist ihnen in den meisten Ländern inzwischen gesichert – was bürgerliche Feministinnen feiern und linke ablehnen, weil es zugleich Akzeptanz der geltenden menschenfeindlichen kapitalistisch-imperialistischen Weltordnung bedeutet. Vieles, was heute gilt, warnte Barbara Kirchner 2014 in ihrem Essay »Dämmermännerung«, ist aber eine Kann-Bestimmung, die je nach Bedarf der Herrschenden revidiert werden kann.
Im frühen 20. Jahrhundert wurde der Kampf um die Frauenrechte auch eine Sache der Arbeiterbewegung. In den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts erlebte die Frauenbewegung eine neue Blüte – und zugleich eine breite politische Auffächerung und Zerfaserung bis hin zur Spaltung. Die Bandbreite reicht seither vom Differenzfeminismus, der die Gebärfähigkeit und Mütterlichkeit der Frau mystifiziert, über den neoliberal-bürgerlichen bis zum »Marxismus-Feminismus«. Die Schwierigkeit des linken Feminismus besteht bis heute darin, strömungsübergreifend für akut Drängendes zu streiten, ohne den Kampf gegen den Kapitalismus als Emanzipationshemmnis Nummer eins aus den Augen zu verlieren. Zugleich muss er sich innerhalb der Linken noch immer gegen das Verdikt behaupten, die rechtliche und strukturelle Ungleichheit zwischen den Geschlechtern sei ein »Nebenwiderspruch«.
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Leserbriefe zu diesem Artikel:
- Leona Lai: Konsequent feministisch Ja, Feminismus im allgemeinen ist ein weites Feld. Der Marxismus-Feminismus allerdings nicht, er ist ein abgestecktes Feld. Denn der Kapitalismus ist nicht nur Emanzipationshemmnis, er ist die Ursache...
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