Macht doch euren Dreck alleene!
Vor zwei Wochen haben wir unseren Leserinnen und Lesern und der Öffentlichkeit mitgeteilt, dass die junge Welt in erheblichen ökonomischen Schwierigkeiten steckt: Über die Jahre hat sich in den Bilanzen ein Verlust von mehr als 900.000 Euro angesammelt – unser Verlag ist aber nur mit einem Eigenkapital von 25.600 Euro ausgestattet. Als zentrale Ursache für die Probleme sehen wir bei ständig steigenden Kosten den zu geringen Abobestand – denn über die Aboerlöse decken wir die laufenden Kosten für die Erstellung unserer Zeitung.
Euch ist eh nicht zu helfen!
Warum aber ist es so schwierig, in ausreichendem Maße neue Abonnements zu gewinnen? Der Leser Jan erkennt zwar, dass es für eine linke Zeitung nicht einfach ist, Abos zu werben – aber wenn es uns nicht gelinge, wenigstens in Berlin mal so eben 20.000 zahlende Leserinnen und Leser zu finden, dann sei uns »ohnehin nicht mehr zu helfen«. Ein anderer Leser glaubt gar, wenn zu wenige Abonnements von den Linken kommen, solle man halt hinschmeißen, und gibt uns den Rat, wie Friedrich August III. 1918 nach heftiger Kritik zu reagieren: »Dann macht doch euren Dreck alleene!« Beide Ansätze halten wir für falsch. Der Kampf um Abonnements ist schon immer ein harter gewesen. Zum einen müssen wir Wege finden, die junge Welt und ihr journalistisches Angebot bekannt zu machen. Das ist in Zeiten darniederliegender linker Kräfte nicht einfach. Zum anderen aber führt auch ein erhöhter Bekanntheitsgrad nicht automatisch zu mehr Abonnements: Viele unserer Leserinnen und Leser nutzen die junge Welt gerne – abonnieren aber aus unterschiedlichen Gründen nicht. Einer davon ist, dass sie es sich schlicht nicht leisten können. Viel öfters werden wir aber mit der Situation konfrontiert, dass uns Leser für unsere Arbeit loben – wenn wir aber nachfragen, ob sie die junge Welt auch abonniert hätten, hören wir ein erstauntes »Nein!?« Kurzum, obwohl wir es immer wieder deutlich machen, ist längst nicht allen Leserinnen und Lesern bewusst, dass es auf ihr Abonnement ankommt.
junge Welt einstellen ...
Andere Zuschriften beschäftigen sich mit dem Inhalt der Zeitung. Die meisten halten die junge Welt für unverzichtbar. Aber es gibt auch andere Meinungen: Die Einschätzung der jungen Welt, dass bei den Mahnwachen zu viele Rechtsideologen wie Jürgen Elsässer zu Wort gekommen seien, und unsere Weigerung, mit solchen Figuren und jenen, die sich nicht ganz klar von ihnen distanzieren, zusammenzuarbeiten, habe uns und der Friedensbewegung geschadet. Andere wiederum halten unsere solidarische Position in der Flüchtlingsfrage für grundfalsch. Wir sind davon überzeugt, dass das Gegenteil richtig ist: Unsere glasklaren Positionen gegen imperialistische Kriege, Neoliberalismus und Neofaschismus in all seinen Spielarten und unser internationalistischer Ansatz machen diese Zeitung erst so dringend notwendig. Und wenn es tatsächlich so wäre, dass wir nur überleben könnten, wenn wir lediglich für ein bisschen Frieden wären, die Scheunentore nach rechts weit öffnen und für eine Linksfront gegen Ausländer eintreten (ja, auch das wurde gefordert), dann würden wir die Zeitung lieber einstellen als dem nachzugeben.
... oder weiterentwickeln?
Natürlich machen wir auch Fehler, aber an unserer grundsätzlichen Positionierung halten wir aus guten Gründen fest. Sie ist auch keineswegs die Ursache unserer Probleme: Wir konnten in den letzten Jahren unseren Bestand an Abonnements positiv entwickeln – und zwar im Print- wie im Onlinebereich. Auch im Einzelverkauf legten wir zu, insgesamt stehen wir bei 19.800 verkauften Exemplaren. Und das entgegen allen Trends, denn alle anderen überregionalen Tageszeitungen haben in den letzten Jahren dramatisch an verkaufter Auflage verloren. So hat sich beim neuen deutschland der Bestand in den letzten zehn Jahren fast halbiert und liegt nach den aktuellen IVW-Zahlen, die in dieser Woche veröffentlicht wurden, bei unter 26.000 Exemplaren (ohne sonstige Verkäufe). Die Berliner Zeitung hat gerade in diesen Tagen die Belegschaft darüber informiert, wie sie auf ihren dramatischen Auflagenschwund reagieren wird: mit Entlassungen und Umstrukturierungen, die auch zu Lasten der journalistischen Qualität gehen werden.
Grundlage für eine Sanierung
Wir aber wollen uns weiterentwickeln. Tatsache bleibt, dass die Aboentwicklung bei junge Welt dafür zu schwach ist. Nur wenn wir eine Chance haben, das laufende Geschäft kostendeckend zu finanzieren, machen andere Sanierungsschritte Sinn. Deshalb brauchen wir jedes Abonnement! Dabei kann jeder Leser, jede Leserin aktiv mitwirken: Zuallererst über das eigene Abo. Aber auch über das Schenken oder Werben von neuen: Unter zehn Probelesern findet sich in der Regel ein fester Abonnent! Wir kämpfen weiter – gemeinsam mit unseren Leserinnen und Lesern!
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Solidarität jetzt!
Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.
In unseren Augen ist das Urteil eine Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit in der Bundesrepublik. Aber auch umgekehrt wird Bürgerinnen und Bürgern erschwert, sich aus verschiedenen Quellen frei zu informieren.
Genau das aber ist unser Ziel: Aufklärung mit gut gemachtem Journalismus. Sie können das unterstützen. Darum: junge Welt abonnieren für die Pressefreiheit!
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vom 29.10.2016