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Aus: Ausgabe vom 10.05.1997 / Ausland

Zajedno-Bündnis vor dem Zerfall

Oppositionsführer Draskovic manövriert sich ins Abseits

Im serbischen Oppositionsbündnis Zajedno ist es in den vergangenen Tagen zu einem neuen und wahrscheinlich endgültigen Zerwürfnis zwischen den beiden Rivalen um die Führung, Zoran Djindjic und Vuk Draskovic, und damit zum Zerfall der Koalition gekommen. Draskovic hatte angekündigt, seine Partei werde schon jetzt in einen unabhängigen Wahlkampf für die Dezemberwahlen ziehen, worauf Djindjic mit aller Schärfe zurückschlug: »In diesem Fall gibt es kein gemeinsames Auftreten bei den Wahlen«. Auch Vesna Pesic, die dritte im Bunde der Oppositionsführer, schaltete sich unmittelbar ein: »Draskovic ist nur vorläufig der einzige Kandidat der Koalition Zajedno für das Amt des serbischen Präsidenten. Wir haben uns noch nicht abgesprochen, wer noch in Frage kommt, aber es gibt noch andere Kandidaten«.

»Djindjic' Widerstand gegen die Draskovic-Kandidatur und Pesic' Relativierung derselben auf der einen Seite sowie Draskovic' Weigerung zu akzeptieren, daß sein Wahlkampf von einem gemeinsamen Stab der Koalition geführt werden sollte, hat eine Kluft geöffnet, die sich nicht mehr mit vorübergehenden Kompromissen überbrücken läßt«, bewertete die Zeitung Vesti vom 30. April den Konflikt in der serbischen Opposition.

In der romantischen Periode der Kundgebungsdemokratie war die Zajedno-Führung übereingekommen, Draskovic als Präsidentschaftskandidaten und Djindjic für den Posten des Regierungschefs zu nominieren. Als sich die Lage in Serbien normalisiert hatte, begann Draskovic, angetrieben von seiner Ehefrau Danica, zunehmend seine eigenen Wege zu gehen und die Kontakte zu anderen Oppositionsführern praktisch einzufrieren. Zugleich pochte er auf alte Zusagen, die ihm die Unterstützung des Bündnisses bei den Präsidentenwahlen sichern sollte. Da aber Djindjic mittlerweile der mit Abstand populärste Oppositionspolitiker ist und Draskovic am untersten Ende der Popularitätsskala rangiert, würde sich das Bündnis selbst ins Knie schießen, wollte es den talentlosen Dichter ins Rennen schicken.

Serbiens populärster Politiker ist nach wie vor Slobodan Milosevic. Doch ist noch unklar, ob der amtierende Präsident sich ein weiteres Mal um die Präsidentschaft bewerben kann. Laut Verfassung ist eine dritte Kandidatur nicht zulässig. In einem Interview mit der regierungsnahen Zeitung Politika Ekspres äußerte der stellvertretende Ministerpräsident Markovic, ein führender Verfassungsrechtler, die Ansicht, daß Milosevic kandidieren dürfe, da er in seiner ersten Amtszeit sein Mandat nicht voll ausgeschöpft habe. Außerdem führt er ins Feld, daß Milosevic seit der Verabschiedung der Verfassung 1990 nur einmal - im Jahre 1992 - gewählt worden sei. Da in der Beliebtheitskala der rechtsradikale großserbische Chauvinist Vojislav Seselj derzeit an zweiter Stelle rangiert, wäre eine neuerliche Kandidatur des Amtsinhabers schon allein deshalb zu begrüßen.

Eine weitere Option für Milosevic wäre eine Kandidatur für die jugoslawische Präsidentschaft, die bislang eher formale Bedeutung hatte. Die montenegrinische Führung, die wie die serbische von den Sozialisten gestellt wird, ist in dieser Frage allerdings gespalten. Während Präsident Bulatovic die Ambitionen seines serbischen Amtskollegen auf die gesamtjugoslawische Führerschaft eher wohlwollend kommentiert, ist Premier Djukanovic in den letzten Monaten als scharfer Milosevic-Kritiker aufgetreten. Dennoch kam es am 27. April zu einem Treffen der beiden Politiker, die in einer freundschaftlichen Atmosphäre verlaufen sein soll.

jW/Balkan Press

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