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Aus: Ausgabe vom 16.02.2017, Seite 11 / Feuilleton
Berlinale

DDR down under. Der Thriller »Berlin Syndrome« im »Panorama«

Von F.-B. Habel

Max Riemelt liebäugelt mit einem Imagewandel. Lange gab der heute 33jährige den lieben Jungen, draufgängerisch, aber auf der Seite des Guten. 2015 spielte er in der US-Netflix-Serie »Sense 8« den zwielichtigen Wolfgang, im australischen Film »Berlin Syndrome« ist Riemelt nun in der Rolle des charmanten Berliner Englischlehrers Andreas zu sehen. Der begegnet scheinbar zufällig der australischen Rucksacktouristin Clare (Foto), nimmt sie mit nach Hause; nach einer stürmischen Liebesnacht verschwindet er zur Arbeit, während sie feststellt, dass sie in der Altbauwohnung eingeschlossen ist. Nicht aus Versehen. Clare soll hier nicht mehr herauskommen.

Die Australierin Cate Shortland hat nach »Lore« (2013) ihren zweiten Film mit deutscher Thematik gedreht. Ein Roman der australischen Nachwuchsautorin Melanie Joosten diente ihr als Vorlage für den Genremix aus Horrorfilm und Psychodrama. Während Clare sich vor allem zu befreien versucht, sehen wir den eher menschenscheuen Andreas bei seiner Arbeit als Lehrer und in Gesprächen mit seinem Vater (Matthias Habich). In der Beziehung zu seinen Eltern liegt sein Problem. Man konnte es erwarten. Die Ostberliner Familie wurde mit der Republikflucht der Mutter zerstört. Andreas konnte nie verwinden, so verlassen worden zu sein, und lebt seine Hassliebe zu Frauen nun als Serienvergewaltiger und -mörder aus. Clare ist nicht sein erstes Opfer, und er hat sich das nächste schon ausgesucht, als von unerwarteter Seite eingegriffen wird.

Riemelts Berliner Idiom schlägt auch in Andreas’ Englischunterricht durch. Die Australierin Teresa Palmer an seiner Seite hat Erfahrung im Horror- und Zombiefilm. Glaubwürdig begreift sie als Verliebte langsam, in welcher Situation sie sich befindet. Auch wenn die in einem Studio in Melbourne errichtete Berliner Hinterhofwohnung nicht ganz überzeugt, hat Regisseurin Shortland eine Atmosphäre geschaffen, die ein Thriller braucht. Und auf Realismus kann dieses Genre im Zweifel gut verzichten.

»Berlin Syndrome«, Regie: Cate Shortland, Australien 2016, 116 min, 16. u. 17.2., Kinostart im April

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