junge Welt gegen Neokolonialismus
Von Dietmar KoschmiederDeutsche Journalisten verstehen sich oft als Politikberater. Und sie erteilen nicht nur deutschen Politikern Ratschläge, sondern sind auch auf internationalem Parkett aktiv: Sie kritisieren Verhältnisse in Afrika, beschreiben die vielen Fehler, die da von postkolonialen Regierungen gemacht werden – und vergessen dabei gerne, dass für diese Verhältnisse ehemalige Kolonialmächte meist mehr Verantwortung tragen als die aktuellen Regierungen. Vor allem gerät deren Abhängigkeit von europäischen Regierungen und vom Kapital meist ganz aus dem Blickfeld.
Mubende liegt in Uganda, dort wurden für eine 2.500 Hektar große Kaffeeplantage im August 2001 Tausende Menschen von ihren Lebensgrundlagen abgeschnitten. Bis dahin hatten sie sich auf diesem Land ihre Ernährung und ein Gemeinwesen gesichert. Sie wurden von Polizei und Militär verjagt und vegetieren seither am Rand dieser Plantage, ohne jemals ernsthaft entschädigt worden zu sein. Betrieben wird die Plantage von der Kaweri Coffee Plantation, die komplett dem weltweit führenden Rohkaffeedienstleister gehört: der Neumann-Gruppe mit Sitz in Hamburg und einem Jahresumsatz von 2,7 Milliarden US-Dollar (2014).
Die Netzwerkorganisation FIAN hat im Februar den UN-Frauenausschuss über die Folgen dieses Falles von Landgrapping informiert. Aus diesem Anlass veröffentlichte die junge Welt ein Interview mit Gertrud Falk, zuständig für die Rechte von Kleinbauern bei FIAN (jW vom 24.2.17). Die Neumann-Gruppe hat daraufhin Rechtsanwälte bemüht und von Frau Falk sowie der jungen Welt Unterlassungserklärungen eingefordert. Unter anderem monieren sie, ihre Manager hätten von der Vertreibung nichts gewusst, und diese seien nicht einmal der Landessprache Luganda mächtig. Mit unserer Darstellung hätten wir in erheblichem Maße in das Unternehmenspersönlichkeitsrecht der Neumann-Gruppe eingegriffen.
Am Donnerstag bekam die jW-Redaktion Besuch von Frau Falk und Peter Baleke Kayiira, Lehrer der vertriebenen Gemeinde aus Mubende. Er berichtete eindrücklich, wie durch die Vertreibung von den neuen Herren in erheblichem Maße in das Leben der Gemeindemitglieder eingegriffen wurde. Wir werden uns mit ihnen gegen die Hamburger Kaufleute wehren und bitten um Spenden für den Prozesskostenfonds. Wir verabschiedeten uns von unseren Gästen mit den Worten: »The world is a little bigger than Germany and Europe«. Und wir haben uns vorgenommen, für unseren eigenen Bedarf nur noch Kaffee von Kooperativen zu nutzen. Wie es ihn in der jW-Ladengalerie zu kaufen gibt.
Solidarität jetzt!
Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.
In unseren Augen ist das Urteil eine Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit in der Bundesrepublik. Aber auch umgekehrt wird Bürgerinnen und Bürgern erschwert, sich aus verschiedenen Quellen frei zu informieren.
Genau das aber ist unser Ziel: Aufklärung mit gut gemachtem Journalismus. Sie können das unterstützen. Darum: junge Welt abonnieren für die Pressefreiheit!
Ähnliche:
- 25.06.2015
Drängen auf Anonymität
- 17.01.2014
Spekulation um Rote Flora
- 26.01.2013
Vorbereitungen für Aktion am Kiosk
Mehr aus: Aktion
-
Auflage 150.000: junge Welt bekannter machen
vom 18.03.2017