Von Dummheit leben
Von Wiglaf DrosteWer von der Dummheit, der Angst, der Schwäche, der Unsicherheit, der Gier und der Panik anderer lebt, ist, so er das als Bank- und Versicherungsbranchist oder als Börsianer et cetera ganz legal tut, im juristischen Sinn nicht kriminell. Und ist dennoch ein Krimineller, ein Verbrecher wider Stil, Lebenskunst, Empathie und die Einsicht in die Notwendigkeit eines Gesellschaftsverständnisses, das nicht auf Hauen, Stechen, Rempeln, Rüpeln und sich den Weg frei Pitbulldozern basiert.
Verschärfend kommt hinzu, dass diese Art Krimineller automatisch Wiederholungstäter werden muss; wer auf der Dummheit und anderen Schwächen der Mitlebewesen seine Existenz aufbaut, braucht ja immer wieder aufs neue Dumme und Schwache und ist also vital daran interessiert, die Dummen und Schwachen dumm und schwach zu halten, und das mit allen Mitteln und Tricks.
Es ist wie bei der Pharmaindustrie, die ja nicht an gesunden Menschen verdient, sondern an kranken, und der deshalb das Leben im Patientenmodus als ideal vorschwebt; man kann sogar, wenn man clever, also das Gegenteil von lebensklug ist, Krankheiten erfinden, sie Leuten einreden und ihnen gleich das Medikament dazu verkaufen.
»Und dafür haben diese Leute studiert?« hätte meine Omma ohne antiakademischen Dünkel, sondern ehrlich verwundert gefragt, und wie meistens immer will ich dieser klugen Frau darin nicht widersprechen.
Mehr aus: Feuilleton
-
Der schwarzrote Faden
vom 19.06.2017 -
Cello im Rausch
vom 19.06.2017 -
Der Bauer in Bonn
vom 19.06.2017 -
Was schon jeder weiß. Über die »Blikk-Studie«
vom 19.06.2017 -
Nachschlag: Kino ist Kunst
vom 19.06.2017 -
Vorschlag
vom 19.06.2017