Baden im Soul
Von Rouven AhlZu Rockbands gehören mittlerweile die Trennung und das späte Comeback wie die Tourexzesse und die Groupies. Die Alternativrocker von The Afghan Whigs legen mit »In Spades« bereits das zweite Album seit ihrer Wiedervereinigung 2012 vor. Die Band unterschied Anfang der Neunziger von ihren Grungekollegen hauptsächlich ihr Groove: Bei aller Schwermut brachten die Whigs den Fans zähflüssiger Riffs das Tanzen bei. Mit »Congregation«, »Gentlemen« und »Black Love« entstanden drei phantastische Alben, die jedoch abseits der Popkritik nie die verdiente Aufmerksamkeit erhielten. »In Spades« schließt fast nahtlos an diese Meisterwerke an.
Die Afghan Whigs baden weiterhin nicht nur im Moll, sondern auch im Soul – zumindest ihrer Version des Genres. Während sich die Musik eher an dunklem Alternativ-Rock orientiert, und dabei auch des öfteren auf dramatische Cellospuren setzt, ist es vor allem Sänger Greg Dulli, der seiner Band Seele verleiht. Seine Stimme hält selbst dem Vergleich mit Granden des Markerschütterns wie Mark Lanegan stand (mit dem Dulli »The Gutter Twins« bildet). Der expressive Gesang erzeugt eine unheimliche Intensität: Das Verlangen, den Sex, die Gewalt, den Tod – wovon Dulli singt, kann man spüren. Dass die Afghan Whigs auch die hohe Kunst des Pathos beherrschen, verdeutlicht die Powerballade und letzte Nummer »Into The Floor«. Was anderen zu Kitsch gerät, ist hier schlicht: ergreifend.
The Afghan Whigs: »In Spades« (Sub Pop)
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