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Aus: Ausgabe vom 13.07.2017, Seite 10 / Feuilleton
Pop

Andreas Dorau ist nicht lustig!

Von Michael Saager

»Ich glaube eigentlich nicht, dass ich lustige Sachen mache.« Wie oft Andreas Dorau diesen Satz aus einem Interview im Jahr 2005 seither wohl wiederholt hat? Für den Geschmack des 1964 geborenen Hamburger Musikers: viel zu oft. Doch es hilft ja alles nix: Anlässlich seines zehnten Albums »Die Liebe und der Ärger der Anderen« dürfte sich das hartnäckige Missverständnis weiter fortschreiben.

Nun kommt es natürlich nicht gerade selten vor, dass jemand total lustig findet, was ein anderer überhaupt nicht lustig gemeint hat. Schadenfreude funktioniert bekanntlich so. Youtube ist voll von Videos, wo die Missgeschicke eher ungeschickter Zeitgenossen für Riesenbrüller sorgen. Was nicht heißen soll, Dorau selbst sei der Anlass fürs Lustigsein. Nein, es sind selbstverständlich Doraus Texte. Der 52jährige Künstler trägt sie zu refrainstarkem Discopop, hübscher Kunstliedel­ektronik und nahezu clubkompatiblem House mit der Stimme eines, nun ja, Vierjährigen vor. Ist das möglicherweise lustig? Nein, eher nicht. Aber auf niedliche Weise spleenig. Und sehr eigensinnig. Traut sich nämlich sonst niemand.

Was die Texte anbelangt, an denen u. a. Françoise Cactus, Maurice Summen und Wolfgang Müller beteiligt waren, fällt wie immer eine Tendenz zu strategischer Naivität auf, die beispielhaft wird gleich in der ersten Zeile des Albums, wenn es heißt: »Liebe ergibt keinen Sinn / Mal macht sie Freude / Dann ist sie wieder so schlimm.« Wortwahl und Reimschema haben etwas Kinderreimartiges; die Aussage wirkt niedlich unbedarft bzw. diskursiv einigermaßen unterkomplex, denn wieso sollte ein Phänomen, bloß weil’s mehrere Seiten hat, keinen Sinn ergeben? Und überhaupt, was für einen Sinn: Sinn im soziologischen Sinne sinnhaften Verstehens oder lieber metaphysischer Sinn?

Das sind natürlich die falschen Fragen: Hinter Doraus Formulierung steckt eine Poetologie, die von der Gefühlswelt aus existentielle Fragen und Probleme auf den gerade noch nicht völlig zerdachten Punkt bringt, stets mit einem Touch Melancholie und anmutiger Grundtraurigkeit versehen, was sich in der feinen Melancholie der Moll-Melodien spiegelt. Nein, lustig ist das nicht. Es ist warm und schön.

Andreas Dorau: »Die Liebe und der Ärger der Anderen« (Staatsakt/Caroline International)

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