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Aus: Ausgabe vom 08.08.2017, Seite 11 / Feuilleton
Martin Roth gestorben

Kein Fürstendiener

Der Museumschef und Kulturmanager Martin Roth ist am Sonntag im Alter von 62 Jahren in Berlin gestorben. Zuletzt war der langjährige Generaldirektor der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden als Kurator des Pavillons von Aserbaidschan auf der Kunstbiennale Venedig angefeindet worden. »Natürlich weiß ich, dass Aserbaidschan eine autoritäre Diktatur ist. Aber das muss man nicht bei jeder Gelegenheit sagen«, erklärte er der Berliner Zeitung. Er habe »jegliche Freiheit in bezug auf die Themenwahl sowie bei der Auswahl der Künstler« gehabt. Aserbaidschan sei »ein muslimischer Staat mit vielen anderen Religionen, mehreren Alphabeten und übrigens einer Geschichte, in der Deutsche eine besondere Rolle gespielt haben. Dafür muss man sich doch interessieren.«

Von 2011 bis 2016 leitete der gebürtige Stuttgarter mit großem Erfolg das Londoner Victoria and Albert Museum. Nach dem »Brexit«-Votum legte er sein Amt nieder. »Es gibt in diesem Land (…) eine ausgeprägte Flüchtlingsphobie«, sagte er zur Begründung im Spiegel. Das Europa von heute erinnere an jenes der 1920er: »Dieser überall erstarkende, aggressive Nationalismus, die Hoffnung der eigentlich Klügeren, dass alles doch glimpflich ausgehe.« »Teil des Problems« sei, dass Kunst und Museen »immer unpolitischer« würden. Gegenwartskunst sei allzuoft »belangloser Schnickschnack«, ein dringend gebotener kultureller Austausch mit China, Russland oder dem Nahen Osten nicht erwünscht. Sich »mit feinen Ausstellungen auf ein intellektuelles Niveau zurückzuziehen« helfe in solchen Zeiten nicht: »Wäre ich Generaldirektor in Dresden geblieben, hätte ich die Museen, die zu den Kunstsammlungen gehören, nach den ersten Pegida-Demonstrationen einfach geschlossen.«

Sachsens Kunstministerin Eva-Maria Stange (SPD) erklärte am Montag, Roth habe alle ihm anvertrauten »Museen neu erblühen lassen« und während der Flutkatastrophe 2002 »geistesgegenwärtig die Rettung der wertvollen Gemälde und Skulpturen organisiert«. Der Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, Hermann Parzinger, sagte: »Natürlich konnte er auch polarisieren und zuspitzen. Er wollte kein Fürstendiener sein und war es nie!« (dpa/jW)

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