In intelligenter Gesellschaft
Von Eckart Spoo / Arnold SchölzelArnold Schölzel, jW-Chefredakteur:
In der Geschichte der Bundesrepublik hat es verschiedene Versuche gegeben, eine parteiunabhängige, linke Zeitung – meist als Wochenzeitung – zu gründen. Sie haben nicht lange durchhalten können. Eine Tageszeitung wie die junge Welt blieb bislang die Ausnahme. Daß es sie zwölf Jahre nach dem Anschluß der DDR noch gibt, hat sie in erster Linie ihren Lesern, ihrer ostdeutschen Ausgangsbasis, aber auch der Zähigkeit ihrer Redakteure und Autoren zu verdanken. Unter letzteren sind zahlreiche Wissenschaftler und Publizisten, die sich bereits vor 1990 in beiden deutschen Staaten einen Namen gemacht hatten. Die junge-Welt-Redaktion sieht in dieser Tageszeitung auch ein Angebot an jene, die über den Tag hinaus schreiben, die deutsche und internationale Geschichte aus einer anderen Perspektive als der triumphalen Selbstgewißheit sehen und die scheinbar marginale Ereignisse dazu nutzen, die Verhältnisse zu analysieren. Ihren Wert hat die junge Welt aus meiner Sicht vor allem als Tageszeitung. Wenn sie außerdem ein wenig Tageszeitschrift ist, wie es Jürgen Kuczynski einmal nannte, dann steht das dazu in keinem Gegensatz. Bei aller erforderlichen Unterhaltsamkeit: Etwas Mühe bei der Lektüre muß manchmal sein. Sonst ändert sich nichts.
Eckart Spoo, verantwortlicher Redakteur der Zweiwochenschrift Ossietzky, Berlin:
Die junge Welt und die landesübliche Konzernpresse – das ist wie Feuer und Wasser oder wie Tag und Nacht. Nein, diese Vergleiche sind zu harmlos. Die landesübliche Konzernpresse und die junge Welt – das ist Krieg und Frieden, Propaganda und Aufklärung. Kurz: Es ist ein Gegensatz durch und durch, unvereinbar. (Falls aber in der jW doch einmal etwas steht, was genausogut in der landesüblichen Konzernpresse stehen könnte, dann hat die Redaktion ausnahmsweise nicht aufgepaßt.)
Als Journalist kann ich einschätzen, was die kleine Redaktion (und der kleine Verlag, der keinem Konzern gehört, sondern seinen Mitarbeitern und engagierten Lesern) täglich leisten muß, um ein solches Blatt zustande zu bringen. Dafür bewundere ich sie.
Nur nachzuplappern, was die ökonomisch und politisch Herrschenden vorplappern und was in der gesamten landesüblichen Konzernpresse nachgeplappert wird, ist leichter, viel leichter, als zu den Wahrheiten hinter den Propagandanebeln vorzudringen, alles selber zu prüfen und mit eigenen Worten zu sagen.
Aber man merkt der jungen Welt diese Anstrengung nicht an. Gerade auch deswegen lese ich sie gern: weil sie mit ihrem aufklärerischen Widerspruchsgeist Freude am Selberdenken weckt und stärkt. Und eben deswegen empfehle ich sie allen Kollegen, Freunden, Bekannten. Denn Ossietzky erscheint ja nur alle 14 Tage. Zwischendurch muß man jW lesen. Wenn man sich in intelligenter Gesellschaft befinden möchte.
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Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.
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