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Aus: Ausgabe vom 31.08.2018, Seite 3 / Schwerpunkt
Kriminalisierung

Hintergrund: Der Paragraph 129b StGB

Zusammen mit den heute im griechischem Exil lebenden Anwältinnen Zerrin Sari und Seher Sen hat sich Musa Asoglu auf Veranstaltungen und Kundgebungen für das Leben der gefolterten politischen Gefangenen in der Türkei eingesetzt und über ihre Situation informiert. Für die USA sowie den türkischen Staat sind sie deswegen »führende DHKP-C-Funktionäre«. Die DHKP (Revolutionäre Volksbefreiungspartei-Front) steht auf der EU-»Terrorliste« und ist in der Bundesrepublik wie die Kurdische Arbeiterpartei PKK verboten. Die vermutete Mitgliedschaft eines Menschen in dieser Organisation reicht der Generalbundesanwaltschaft, um ihn nach Paragraph 129b des Strafgesetzbuches (StGB) wegen Unterstützung einer kriminellen oder »terroristischen Vereinigung im Ausland« anzuklagen.

Derzeit sind in Deutschland 14 linke Migrantinnen und Migranten inhaftiert, gegen die ein 129b-Verfahren läuft, die bereits verurteilt wurden oder noch auf ihren Prozess warten. Der Paragraph 129b wurde 2002 im Zuge der Verschärfungen der sogenannten Antiterrorgesetze nach den Anschlägen vom 11. September 2001 in den USA in Ergänzung zum seit 1976 gegen deutsche Linke zum Einsatz kommenden Paragraphen 129a geschaffen. Schon mit Hilfe des 1871 geschaffenen Paragraphen 129 (Bildung einer kriminellen Vereinigung) im damaligen deutschen Reichsstrafgesetzbuch wurden insbesondere Sozialisten kriminalisiert.

Allein die Mitgliedschaft in einer der Organisationen, die auf einer internationalen, von der US Regierung gefütterten »Terrorliste« stehen – überwiegend handelt es sich um Organisationen, die nationale Befreiungskämpfe und Kämpfe für eine sozialistische Gesellschaft führen –, reicht aus, um Menschen jahrelang wegzusperren. Eine konkrete Straftat muss dabei nicht begangen worden sein.

In Deutschland beschäftigen sich die Oberlandesgerichte (OLG) Hamburg, Berlin, Stuttgart und Düsseldorf mit 129b-Fällen. Erdal Gökoglu wird nach Angaben seiner Anwältin in Hamburg der Prozess gemacht, da die Hansestadt sein »Handlungsschwerpunkt« gewesen sein soll. Warum gegen Musa Asoglu in Hamburg verhandelt wird, obwohl er in den Niederlanden lebte, ist seinen Verteidigern nicht bekannt. Alle linken politischen Gefangenen in Deutschland, die nach Paragraph 129b angeklagt wurden, sind türkischer oder kurdischer Herkunft.

Im Januar diesen Jahres begann der Prozess gegen Asoglu, im Juni das Verfahren gegen Erdal Gökoglu. Beiden drohen bis zu zehn Jahre Haft. Im Fall von Asoglu besteht zudem die Gefahr, dass er nach einer Verurteilung in die USA abgeschoben wird. Gökoglu könnte gar in die Türkei gebracht werden, so ein Aktiver des Netzwerks »Freiheit für alle politischen Gefangenen« im Gespräch mit jW. (erm)

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