Atlas ohne Zeigefinger
Mit nur einer Gegenstimme hat der österreichische Autor Thomas Köck seinen Titel als wichtigster Dramatiker im deutschsprachigen Raum verteidigt. Bei den 44. Mülheimer Theatertagen zeichnete eine fünfköpfige Jury den Autor am späten Samstag abend zum zweiten Mal in Folge aus. In der gut zweistündigen öffentlichen Jurydebatte stellte sich »Atlas« in der Inszenierung vom Schauspiel Leipzig schnell als großer Favorit heraus. Das Stück handelt von einer vietnamesischen Mutter, die auf der Flucht aus Saigon 1974 ihre Tochter aus den Augen verliert, welche in die DDR gerät. Nach weiteren 30 Jahren voller Schicksalsschläge wird die Enkeltochter nach Vietnam zurückkehren, um ihre Großmutter zu finden.
Das klingt nach reichlich Schmalz und schlechtem Gewissen, die Jury lobte dennoch die »kunstvoll verwobenen Handlungs- und Zeitfäden« und die starken Frauenfiguren. Das Thema Migration werde ohne »moralischen Zeigefinger« behandelt. Im vergangenen Jahr hatte Köck mit seinem ebenso engagierten Stück »Paradies spielen (Abendland. Ein Abgesang)« den Mülheimer Dramatikerpreis gewonnen. Der gilt als eine der wichtigsten Auszeichnungen für Theaterautoren und ist mit 15.000 Euro dotiert. (dpa/jW)
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