Rostige Tür
Hurra, endlich mal eine legendäre Berliner Klubtür, an der neugierige Touris nicht brutal abgewiesen werden. Dummerweise befindet sich diese Tür ausgerechnet im (noch geschlossenen) Humboldt-Forum. Seit Dienstag steht hier also sperrangelweit geöffnet ein schwerer und geschichtsträchtiger Zugang: Die Tür des legendären Technoklubs Tresor ist als erstes Objekt der künftigen Berlin-Ausstellung in dem für rund 600 Millionen Euro entstehenden neuen Schloss angekommen. Tresor-Gründer Dimitri Hegemann, der die Stahltür dem Stadtmuseum als Leihgabe zur Verfügung gestellt hat, sprach stolz wie Bolle von einer Nofretete – in Anspielung auf die bekannte ägyptische Skulptur im Berliner Neuen Museum. Aus Sicht von Stadtmuseumsdirektor Paul Spies ist die mit Sockel rund fünf Tonnen schwere und etwa 2,30 Meter hohe Stahltür ein Symbol für die Geschichte der Stadt. Ursprünglich sicherte die Tür den Tresorraum des Kaufhauses Wertheim, deren jüdische Besitzer während des deutschen Faschismus enteignet wurden. Das Kaufhaus wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört. Nach dem Fall der Mauer war der Tresor nahe dem Potsdamer Platz das, was man heute einen schwer angesagten Klub nennt. Für Klubgründer Hegemann ist die von Rost überzogene Tür auch deswegen ein »Symbol für einen Aufbruch in eine neue Epoche«. Der Tresor-Klub stehe für die Nachtkultur der 90er Jahre, die mit dafür gesorgt habe, dass das einstmals »harte Berlin« bis heute international als Stadt der Freiräume und der Subkultur wahrgenommen werde. Dies gelte es zu sichern. Die Frage ist freilich, ob man die sichert, indem man Klubkultur und Techno frühzeitig musealisiert. (dpa/jW)
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