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Aus: Ausgabe vom 11.09.2019, Seite 10 / Feuilleton
Rap

Schnauze voll

Ein Rapvideo mit dem Titel »Ich kann nicht schweigen« hat in der Türkei für großes Aufsehen gesorgt. Rund 17 Millionen Nutzer riefen den Song innerhalb von fünf Tagen auf der Plattform Youtube auf. »Das ganze Projekt hat sich zu einem Sprachrohr für die Menschen im Land entwickelt. Die Leute haben die Schnauze voll«, sagte der am Video beteiligte, in Berlin geborene Rapper Fuat Ergin (46) der Deutschen Presseagentur am Dienstag.

Regierungsnahe Medien kritisierten das Video. Der 15minütige Song «Susamam» war erstmals vergangenen Woche veröffentlicht worden. 18 Musiker um den Rapper Saniser singen, leider etwas plump in der Form, über Morde an Frauen, Umweltzerstörung, über Missstände in der Politik. Das Video ist insofern etwas Besonderes, als sich in der türkischen Gesellschaft aus Angst vor Strafverfolgung nur noch wenige trauen, Missstände zu kritisieren. Zeilen wie: »Wenn sie dich eines Nachts zu Unrecht holen, dann kannst du noch nicht mal einen Journalisten finden, der darüber schreibt, sie sitzen alle im Knast«, wurden in den sozialen Medien vielfach geteilt. Die Musiker sehen auch die Türken selbst in der Verantwortung, Saniser rappt: »Du hast deine Stimme nicht erhoben, also bist du schuld.«

Direkten Bezug auf die Regierung nehmen die Musiker nicht. Die regierungsnahe Zeitung Yeni Safak griff sie am Wochenende dennoch an und bezeichnete das Video der »sogenannten Künstler« als »Gemeinschaftsproduktion« der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK und der Gülen-Bewegung, die beide als Terrororganisation eingestuft sind. Ziel sei nicht gewesen, die Regierung zu kritisieren, sondern vielmehr das Bewusstsein für »Brennpunkte« in der türkischen Gesellschaft und auf der Welt zu schärfen, sagte Ergin. »Die Themen, die wir angesprochen haben, sind global.« Die Menschen in der Türkei hätten lange geschwiegen. (dpa/jW)

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